Also, trotz meiner Schwäche diesbezüglich, und meines doch starkem Suchtverlangens allenthalben ... her mit dem Rauchverbot ab 2008. Und Heinz hat vollkommen recht ... 2010 spricht niemand mehr darüber
Sehe ich genauso. Ich fühle mich zwar von der Debatte persönlich in keiner Weise betroffen; ich bin Nichtraucher, verfüge aber andererseits sowieso nur über den Geruchssinn eines Stinktiers und habe mich alleine deshalb schon noch nie an Rauchern in meiner Umgebung stören zu müssen geglaubt. Die zunehmend aufgeregte Argumentation der unfreiwilligen Passivraucher hat jedoch Hand und Fuß, und ohne Aschenbecher hat man auch mehr Platz auf dem Tisch...
Allerdings will ich einen (Rand-)Aspekt der Angelegenheit (sozusagen Off-Off-Topic) nicht aus den Augen verloren wissen. Ein Rauchverbot wie in der nun kommenden Form ist bei uns nicht unbedingt deshalb auf den Weg gekommen, weil es die einzige Möglichkeit gewesen wäre, die Konflikte zwischen Nichtrauchern und Rauchern aufzulösen. Da hätten auch getrennte Zonen o.ä. in weiten Teilen (gut, nicht unbedingt im Krankenhaus) ihren Zweck erfüllt; auch in großen öffentlichen Gebäuden haben ja auch bisher nicht gerade die Rauchmelder angeschlagen.
Nein, der Erfolg des Gesetzes begründet sich genauso wie der vieler anderer: eine Mehrheit, die etwas nicht tut, braucht oder geniesst, verbietet dies einer anders orientierten Minderheit, statt einfach mal einen Schritt zur Seite zu gehen und das metaphorische Auge zuzudrücken. Das mag zwar am Ende eines Abwägungsprozesses stehen und im Fall Rauchverbot gar die richtige Entscheidung darstellen, krankt aber nichtsdestotrotz an einer sozusagen prinzipbedingten Schwäche: steht erst mal der Beschluß, wird er zu einem unpersönlichen, quasi mechanischen Ersatz für künftige Diskussionen, Bewertungen und ganz nebenbei auch Toleranz.
Die Idee "lass den doch seinen Stengel qualmen, ich dreh' mich halt weg" weicht dann der klassischen Denkautomatik "das ist verboten und basta". Nun sind aber schon viele Verbote in Kraft gesetzt worden, die nicht wirklich klug waren; nichtsdestotrotz kann man sie kaum rückgängig machen und trägt alleine durch den Versuch einer Diskussion bereits das Stigma des "Verbrechensbefürworters". In anderen Worten: jedes einmal etablierte Verbot kostet mehr Freiheit, als man zunächst ahnt, da es auch die künftige Diskussion und das Denken beeinflußt. Aus diesem Grunde bin ich grundsätzlich allen Verboten gegenüber extrem skeptisch und will sie stets ganz genau geprüft wissen.
Denn eines wollen wir bei aller offenkundigen Einigkeit zum Rauchergesetz nicht aus den Augen verlieren: es könnte sich auch ganz schnell mal eine Mehrheit formieren, die mangels eigener Möglichkeiten und eigenen Interesses bequemlichkeitshalber etwas verbieten will, das einem wirklich am Herzen liegt. Eine "Bedrohung" wird sich immer finden oder zumindest konstruieren lassen, woraus dann auch ganz fix ein Schutzbedürfnis abgeleitet wird - und ist etwas erst mal verboten, gibt's in diesem unserem Lande nicht mal mehr eine ernsthafte Debatte zum Thema.
Es wäre verhängnisvoll, dabei jetzt z.B. an etwas uns Naheliegendes wie das Offroadfahren zu denken und reflexartig nach Ausweichmöglichkeiten zu suchen oder eine Nebenkriegsschauplatz-Debatte anzuzetteln (deshalb habe ich den allgemeineren Ansatz gewählt). Nein, gerade die Entwicklung auf Gebieten, die einen nicht perönlich betreffen, schärft den Blick für die Veränderungen, denen Freiheit und Toleranz in der Gesellschaft unterworfen sind.
Wer hierzu ein Beispiel - am besten ein unterhaltsames statt ein wichtiges, so prägt sich der Irrsinn besser ein und genug wirklich wichtige hatten wir, Stichwort Onlinedurchsuchungen, ja schon - braucht, dem kann geholfen werden (ich gehe mal davon aus, dass ich eines gefunden habe, welches hier die große Mehrheit nicht betrifft, so dass ihr ein Verbot am Arsch vorbei gehen dürfte):
So hat sich z.B. vor einigen Jahren eine Bürgerbewegung in BaWü etabliert, die sich - eine Ministerin gar an der Spitze - ernsthaft zum Ziel gesetzt hatte, den Turniersport (Reiten) zu verbieten. Das Argument: Arten- und Tierschutz. Prima, wollen wir doch alle.
Das eigentlich Pikante dabei war gar nicht die Idee an sich, sondern die Protagonisten derselben: federführend nämlich kommerzielle Anbieter von konkurrierenden Reitangeboten sowie eine große Zahl von Reitern, die den Sport ursprünglich ganz toll fanden und auch zu betreiben versucht hatten - aber mangels Fähigkeiten kläglich hinten runter gefallen waren (ok, ein paar berufsbetroffene Tierrechtler liefen zwar auch mit, aber das geschah eher reflexartig - es hätte auch um die Wale oder die Rüsselkäfer gehen können, das war denen eigentlich ziemlich egal).
Während dieser Kampagne, der erwiesenermaßen trotz hehrer Wortwahl eher niedrige Motive zugrunde lagen, wurde auch die Bevölkerung zum Thema befragt bzw. qua Unterschriftensammlung ins Boot zu holen versucht. Auch ein namhafter Privatsender zog wg. Sauregurkenzeit in Form einiger Beiträge mit an jenem Karren. Und man konnte damals den Eindruck gewinnen, als wären große Teile der Bevölkerung (der man einen so kruden wie unsinnigen Mix von Schlachtviehtransporten, niedlichen Haflingerfohlen und einer Hand voll Sportunfallbilder aus den Siebzigern vorgesetzt hatte) vor allem deshalb ohne Zögern zu einem Verbot bereit gewesen wären, weil sie selber nicht betroffen waren und keine wirkliche Vorstellung vom Themengebiet hatten. Letztlich haben sich Fachverbände auf Bundesebene dem Ansinnen erfolgreich entgegen gestellt; Vertrauen in gesunden Menschenverstand sowie grundsätzliche Toleranz des Stimmviehs hingegen wäre eher fatal gewesen.
Das Beispiel ist exotisch und von geringer Relevanz, aber es lehrt das Wesentliche: wenn jemand ein Verbot fordert, ist seine persönliche Motivlage wie auch die prinzipielle Frage "cui bono" gerade dann besonders kritisch zu durchleuchten, wenn die ganz positiv besetzten Begriffe, vor allem der Schutz vor irgendwas, ins Spiel kommen. Und zwar sofort und aufmerksam. Nach einem leichtsinnig oder uninteressiert in Kauf genommenen Verbot mehr ist es dafür zu spät, dann greifen Automatismen - und um uns herum ist es wieder ein wenig unfreier geworden...