Beiträge von BlueGerbil

    22.02.2009: 1. Kurzmeldung
    Einsatzteam von Bilibino aufgebrochen Richtung Pevek.

    22.02.2009: 2. Kurzmeldung
    Haben Direktkontakt zu Roadmaker - Auf grund starker Schneeverwehungen auf zwei Pässen ist die Strecke nach Pevek selbst fuer schwere 8x8 Trucks unpassierbar. Auf der Bilibino gegenüber liegenden Seite warten bereits Trucks. Die Roadmaker werden nach heutigem Stand erst am Sonntag von Bilibino aufbrechen um die Pässe freizumachen. Wir versuchen zu erreichen, dass wir mit den Bulldozern im Konvoi fahren können. Daher Aufbruch aktuell auf Sonntag früh verschoben.

    22.02.2009: 3. Kurzmeldung
    Soeben haben wir die Baumgrenze passiert. Die letzten asiatischen Bäume auf dem Weg nach Amerika. Bis Alaska wird es nur noch Buschwerk geben. GPS-Koordinaten: N 68 12`58" / E 166 51`56"

    22.02.2009: 4. Kurzmeldung
    Haben Bulldozer-Räumteam erreicht. Da er den Winterweg für Tuck freiräumt und oft viel Schnee wegschieben muss, haben wir in Abstimmung mit ihm überholt. Hinter dem Dozer fahren noch zwei Kamaz Trucks. F1 hat Luftdruck auf 0.6 bar reduziert. Fahren auf dem Schnee und kommen mit ca. 10 km/h voran. F2 folgt in Spur. GPS-Koordinaten: N 68 17`03" / E 167 17`12"

    22.02.2009: 5. Kurzmeldung
    Haben soeben 1. Pass erreicht. Viele Schneeverwehungen. Da vor uns GAZ Truck durchgebrochen, tiefe Spuren und aufgewühlter Schnee. Sind nach vielen Anläufen hoch gekommen. Teilweise steil und schräg. GPS-Koordinaten: N 68 15`34" / E 167 36`12"

    22.02.2009: 6. Kurzmeldung
    Sind zwischen erstem und zweiten Pass. Schneefall verstärkt sich. Pausieren jetzt für ca. 4 Stunden bei GPS-Koordinaten: N 68 36`49" / E 168 26`16" Team und Fahrzeuge wohlauf.

    23.02.2009: 7. Kurzmeldung (02:23 Uhr MEZ)
    Kein Horizont, keine Sträucher, keine Konturen mehr zu sehen, alles weiß, mäßiger Schneefall, nur alle paar hundert Meter ein Holzstab oder altes Fass, der/das die Richtung angibt, immer rechts vorbei, so habe ich mir die Gegend vorgestellt. Seit Bilibino rund 185 km in 20 Stunden zurückgelegt. GPS-Koordinaten: N 68 35`55" / E 168 58`17"

    23.02.2009: 8. Kurzmeldung (03:10 Uhr MEZ)
    Kommen langsamer voran. Intensivierter Schneefall, mäßiger Wind, Sicht 0-15 m. GPS-Koordinaten: N 68 37`24" / E 169 14`09"

    23.02.2009: Glücksbringer und Aufbruch nach Pevek (05:09 Uhr MEZ)
    So viele Menschen wünschten uns Glück. Sei es mit Worten, Schreiben oder durch die Übergabe von Glücksbringern. und tatsächlich stieß uns bisher nichts Ernsthaftes zu. Vielleicht hat das auch mit all den guten Wünschen zu tun, die wir gemeinsam mit vielen Glücksbringern erhielten. Alle sind an Bord. Es sind zwei Rosen, die wir in Berlin von unserem Partner Packwolf erhielten (mittlerweile nur noch die Stängel), Amulette, Hufeisen, Ikonen, spezielle Geldscheine, Geldstücke, persönliche Kugelschreiber, Glückssprüche auf die Autos geschrieben, Wimpel, Anstecker, Abzeichen, Aufkleber, und und und. In Bilibino erhielten wir den bisher größten Glücksbringer: ein Elchgeweih. Als ich es montieren wollte und mit dem Geweih in der Hand nach einem geeigneten Platz an den Gespannen suchte, hatte ich das Gefühl, es wäre am besten auf dem Anhänger ganz oben aufgehoben. Ich hielt es in einer Hand und kletterte hoch. Als ich es auf die Hydraulikarme legte um zu sehen wie ich es befestigen könnte, sah ich das der Haupthaltegurt der schweren Eisenteile zwar in Position - jedoch durch eine Metallkante zerschnitten war. Wir hätten bei einer Schräglage der Anhänger diese schweren Teile verlieren können. Nicht auszudenken was das für eine Arbeit bedeutet hätte sie wieder zu aufzuladen. Soviel zum Thema funktionierende Glücksbringer. Die Gastfreundschaft in Bilibino war wirklich sehr groß. Man lud uns zum Essen ein, man brachte uns mit Personen zusammen, die wichtig für uns waren, man kochte für uns, man gab uns Ausrüstungsgegenstände mit und man gab uns viel Wissen über die Region und die Straßen weiter. Am Tag vor unserer Abreise lud uns Major Garvasin dann noch zu einer Feierstunde des Militärnachwuchses ein. Für uns war es eine besondere Geste des Vertrauens seitens dieses Mannes und wir waren gerne zu Gast. Wir wurden als Ehrengäste vorgestellt und man gab mir die Möglichkeit eine kurze Ansprache zu halten. Vielen Dank an dieser Stelle nochmals für das Vertrauen. Nachdem wir uns dann von allen und insbesondere von unseren Mechanikerfreunden Konstantin, Maxim, Alexey, Ingor, Ignat, Slava und seinem Sohn sowie von Major Garvasin und den Chef des Katastrophenschutzministeriums Vadim verabschiedet hatten, ging es bis zur Stadtgrenze im Konvoi mit vielen Autos, die uns eskortieren wollten - an winkenden Kindern und grüßenden Erwachsenen vorbei - hinter den Bulldozern her. Bilibino und seine Menschen waren wirklich sehr freundlich. Als auch das letzte Begleitauto gewendet hatte waren wir wieder allein und optimal vorbereitet den auf Grund der Wetterbedingungen und des hohen Schnees bisher schwierigsten Winterweg in Angriff zu nehmen: 380 km Bilibino - Pevek.

    23.02.2009: 9. Kurzmeldung (06:04 Uhr MEZ)
    Haben zweiten Pass überquert und Notunterkunft passiert. Sind jetzt bei kräftigem Wind und Schneetreiben nach Essensstopp wieder auf dem Weg. Geschwindigkeit ca. 5-10 km/h.
    GPS-Koordinaten: N 68 40`19" / E 169 22`37

    23.02.2009: 10. Kurzmeldung (07:15 Uhr MEZ)
    Haben soeben nach Schneekampf und riesen Verwehungen mit Sicht 5-10 m den Arctic Ocean erreicht. Geil!
    GPS-Koordinaten: N 68 45`32" / E 169 41`53"

    19.02.2009: Teil (3)

    Was uns in Bilibino erwarten würde wussten wir nicht. Wird es eine Unterkunft, evtl. sogar ein kleines Hotel, eine Garage geben? Wie werden die Behörden reagieren wenn wir ankommen? Was können wir hier alles erledigen?

    Wir fuhren langsam auf die Stadt zu. Sie liegt an einem windgeschützten Platz rundum umgeben von hohen Bergen. Als wir nach einem verschneiten Pass in die Hauptstraße einbogen, wurden wir als allererstes von der Verkehrspolizei kontrolliert. Die Beamten waren sehr freundlich und gaben uns noch die ein oder anderen Information. Konstantin hatte, ohne dass ich davon wusste, schon vor Wochen seine Kontakte angesprochen, um uns anzukündigen. Da es nicht klar war ob alles klappen würde, sagte er nichts. Umso größer war seine und unsere Freude. Er hatte perfekt vorbereitet. Wir wurden erwartet, und zwar von Freunden Konstantins und der Minengesellschaft Kupolgold. Man hieß uns herzlich willkommen und quartierte uns in eine saubere, bestens ausgestattete Wohnung mit Dusche, Toilette, Waschmaschine, etc. ein, die eigentlich Unternehmensangestellten vorbehalten ist, die auf dem Weg in die 200km entfernte Goldmine Zwischenstation machen. Nicht nur das, man integrierte uns in den Betriebsablauf und kocht nun morgens, mittags, und abends für uns. Man wusch sogar unsere Wäsche. Es ist wirklich großartig. Vielen Dank an dieser Stelle an das Management von Kupolgold.

    Auch die Garage wurde über die Kontakte von Konstantin organisiert. Wir erhielten Platz um beide Wagen und beide Trailer ins Warme zu stellen - das gab’s ganz selten. Als dann auch noch ein Mechanikerteam anrückte um mit uns zu arbeiten ging es nicht mehr besser. Zu insgesamt elft haben wir dann die nächste große Umbauaktion und Reparatur der Trailer und Jeeps in Angriff genommen. Nachdem die Trailer wichtiges Equipment über die harten Pisten bis Bilibino transportiert haben und wir nun weniger Equipment weiter transportieren müssen, wurden die Anhänger nochmals gnadenlos erleichtert und noch besser gegen die Kälte gewappnet. Zusätzlich bauten wir die 1000 l Tanks aus und entfernten weitere, überflüssig gewordene Träger und Platten. An den Jeeps führen wir schon Umbauaktionen durch, die wir für den Aufbau des Notschwimmsystems brauchen (Hydraulikaufnahmen vorne und hinten) und montierten die Schwimmreifen vor, d. h. Auf die Anhängerräder. Das ging von Hand von statten, was einen erheblichen Kraftaufwand bedeutete. Und das 8x als komplette Ummontage. Auswuchten gibt’s dann natürlich nicht. Parallel hat Marco an seinem extra eingerichteten Schnittplatz angefangen das nächste Video zu schneiden.

    Eigentlich hatten wir damit gerechnet am Donnerstagmorgen nach Pevek aufbrechen zu können. Daraus wurde allerdings nichts. Seitens des russischen Katstrophenschutzes erging über die deutsche Botschaft in Moskau eine Warnung an uns, nicht aufzubrechen. Es wurde ein Orkan/Schneesturm über dieser Region erwartet, der mit über 37 m/s heftig ausfallen soll. Einhergehend sollen die Temperaturen auf -60°C absinken. Das Gute daran ist, dass wir diese Nachricht in Bilibino erhielten und noch nicht auf dem Weg waren. Insofern hat es wieder einmal gepasst und unsere Probleme haben im Endeffekt eine Schutzwirkung gehabt. Da wir sonst schon wieder auf dem Weg und voll in den Sturm geraten wären. Das Negative ist, dass es nach dem Orkan keine Winterwege nach Pevek oder wo immer der Sturm entlang fegt mehr geben wird.

    Als Aufbruchtermin haben wir nun Samstag vorgesehen.

    19.02.2009: (1)

    Es war eine harte Etappe mit vielen Hindernissen bis Bilibino, aber im Endeffekt kamen wir durch.
    Das Team ist in Bilibino, die Fahrzeuge und Trailer auch.
    Ein Hammer was uns alles auf dem Weg ab Shishmaref ereilte. Wir hatten und haben keine Leistung am F1, schlugen uns mit festgefrorenen Bremsen in Tscherski rum, erhielten die Nachricht nicht nach Tschukotka einreisen zu dürfen, verloren ein komplettes Rad inklusive Bremsentrommel, etc. am Trailer2, hatten durch Eis blockierende Räder an beiden Trailern und das F1-Gespann rutschte in den Graben.

    Der Reihe nach:
    Als wir bei Eiseskälte vor Tscherski immer langsamer wurden und wir schließlich durch die Leistungsprobleme des F1 und den dadurch entstandenen Mehrverbrauch 5 km vor der Stadt auch noch eine Nachtankaktion durchführen mussten, war die Anspannung groß. Zum Bersten war sie bei mir als ich zum gleichen Zeitpunkt von Jürgen Graf die Nachricht erhielt, wir müssen in Tscherski stehen bleiben und dürfen nicht nach Tschukotka einreisen, da uns keine Sondergenehmigung erteilt worden ist. Ich bin bald geplatzt - was war nur passiert? Eiligst telefonierte ich mit Jürgen und erhielt die Info, dass von uns benötigte Versicherungspapiere nicht bei den Behörden eingetroffen waren, woraufhin diese korrekterweise die Genehmigung ablehnten. Und das rund 40 km vor der Territoriumsgrenze. Dass wir spät in dieser Nacht doch noch die Einfahrtserlaubnis erhielten, verdanken wir Personen, Behörden und Institutionen, die uns vertrauten. Vielen Dank an dieser Stelle an alle beteiligten Personen und Stellen (als wir am nächsten Abend laut GPS-Koordinaten die "Grenze zu Tschukotka" erreichten, zelebrierten wir den Übertritt natürlich in Ehren).

    Wir schafften es dann mit nur noch möglichen 1000 1/min des F1 in der Untersetzung bis in die Stadt Tscherski, wo wir von der Polizei schon erwartet wurden. Man hatte seit langem auf uns gewartet und war froh uns unversehrt zu empfangen. Nach der obligatorischen Kontrolle und nachdem wir die Expedition bei den Zuständigen gemeldet hatten brachte man uns mit unseren Wagen zu einer warmen Garage, wo das Team noch einige zeit kontrollierte und reparierte um dann erschöpft auf den Sitzen in der Garage einzuschlafen. Eigentlich nur geplant für rund 2 Stunden um danach gegen 4 Uhr morgens wieder Richtung Bilibino aufzubrechen. Aber geweckt haben uns dann die ersten Arbeiter um 10.00 Uhr.

    Wir hofften die Leistungsprobleme des F1 seien gefrorenes Wasser aus den Zusatztanks, was sich leider nicht bestätigte. Und so entschied ich mich, dass wir unsere langsame Fahrt ohne Leistung auf der nächsten - 380 km langen - Etappe Richtung Tschukotka fortsetzten. Just in dem Moment wo wir aus Tscherski abfahren wollten und die Trailer anhängten, stellten wir fest dass meine Bremsen am Trailer1 zugefroren waren. Also mussten wir mit russischen Brennerlampen* diese erst freibrennen. Nette Arbeit bei -50° C, welche uns auf dieser Etappe aber nochmals bevorstand. Nur wussten wir das zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht.

    Kurz hinter Tscherski, mitten auf der Kolymar trafen wir dann auf den verunglückten Truck. Dieser war nur 10 Tage zuvor in das Eis eingebrochen, obwohl er auf der Hauptspur fuhr. Wahnsinn. Zum Glück war ein zweiter Truck dabei, der die beiden nassen Fahrer aufnahm, die sich in letzter Sekunde aus dem Fahrerhaus befreien konnten. Sie wären sonst binnen Minuten erfroren.


    19.02.2009: Teil (2)

    Der Verlauf der Straße führte uns dann über viele Kilometer auf der Kolymar und einem Nebenarm weiter Richtung Nordosten. Die Temperaturen lagen bei über -50°C als wir irgendwann nachts während eines Pinkelstopps feststellten dass an Kaspars Trailer (T2) ein Rad samt Felge, Reifen, Bremstrommel und Distanzscheibe fehlte.

    Die Strecke war mittlerweile seit rund 100 km zu einer schmalen Spur geworden und schwierig zu befahren. Da das Rad irgendwo verloren gegangen sein konnte und wir in der Nacht keine Chance haben würden es zu finden, entschieden wir auf drei Rädern weiter zu fahren (wie wir dies auch auf der kommenden 380 km langen Strecke von Bilibino nach Pevek tun werden. Dort erwarten wir das benötigte Ersatzteil zu erhalten).

    Wir durften besser nicht stehen bleiben bei dieser Kälte, zu der nun auch noch Wind kam. Das wir dann doch noch 3 Stunden an diesem Platz verbrachten hatte damit zu tun, dass ich - als Kaspar losfahren wollte - sah, dass zwei Räder am T2 blockierten. Die Bremsen waren eingefroren. Um weiter fahren zu können und nicht Gefahr zu laufen, dass uns dies nochmals passiert (wahrscheinlich war dies auch die Ursache für den Verlust des Rades), entledigten wir uns kurzerhand der Bremsfunktion am T2 indem wir das Bremsgestänge auseinander schraubten und die Bremsbacken an den blockierten Rädern in einer heftigen Reparaturaktion (Stichwort Brennerlampen) auf der Winterstraße ausbauten (später in Bilibino haben wir dann sämtliche irgendwie zur Bremse gehöhrenden Teile an T1 und T2 ausgebaut).

    Im Verlauf der weiteren Fahrt, widmeten wir uns der weiteren Fehlersuche am F1. Mit dem Diagnosecomputer prüften wir sämtliche Paramater, führten Tests durch und verglichen die Daten der beiden Wagen im Fahrbetrieb. Ich saß gerade im F2 und wertete mit Kaspar Informationen aus, als über Funk das nächste Hindernis auf dem "steinigen" Weg nach Bilibino durchgegeben wurde: "Matthias, Schei***, ich hab mich total festgefahren". Im dichten Schneetreiben war das F1 Gespann nach links von der Straße abgekommen und in einen Graben gerutscht. Dabei war der Trailer umgekippt und lag auf der Seite. Nicht lange nachdenken hieß es und anpacken. Schnellstens mussten beide Fahrzeuge geborgen werden. Wir lösten zunächst den Trailer vom Wagen und stellten ihn mit winchen auf die Räder. Dann zogen wir ihn mit den Warn Winden und Umlenkrollen auf die Straße. F1 zu bergen war etwas schwieriger weil er tief im Schnee steckte und der Motor aufgrund der starken Schräglage ausging. Ihn mussten wir erst freischaufeln. Dann zogen wir auch dieses Fahrzeug mit Winde und Umlenkrolle aus dem Graben. Saubere Leistung der Winden, kann das Team nur sagen.

    Nach weiteren 20 km erreichten wir endlich Bilibino. Was uns hier erwartete überraschte uns aber nochmals.


    -------------------
    * Brennerlampen sind für alle Arktik-Trucker unersetzlich. Sie verbrennen mit einem einstellbaren Feuerstrahl Benzin - in unserem Fall auch Ethanol - welcher auf gefrorene Teile gehalten wird. So können z.B. die Ölwanne, das Getriebe, die Achsen, die Bremsen aufgetaut werden.

    16.02.2009: Neue Kurzmeldung vom Expeditionsteam

    Team erreicht nach sehr schwieriger, anstrengender Etappe Belibino / heftige Probleme unterwegs / ein PNY-Jeep mit Trailer in Scheetreiben im Graben / Anhänger umgefallen / dennoch nichts Erhebliches zerstöhrt / keine Verletzungen / Team wohl auf / sehr freundliche, hilfsbereite Aufnahme von allen in Belibino / Bericht folgt

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    11.02.2009 - Teil 2

    Noch zu keinem Zeitpunkt wurde uns die Gastfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft der russischen Bevölkerung nicht zuteil. Und ohne die freundlichen russischen Helfer wird es hier sehr schwierig bis unmöglich. Du brauchst mal schnell ein schweres Werkzeug oder ein Schweißgerät oder eine Drehbank oder eine Garage oder was auch immer. An dieser Stelle möchten wir zwischendurch wieder einmal allen, die wir kennen lernen durften weil sie uns halfen, und denen, die für das Einsatzteam unbekannt etwas tun oder taten, sei es im Vorder- oder im Hintergrund, vielen, vielen Dank sagen.

    Am nächsten Abend ging es weiter auf eine 380 km lange, nervenzehrende Fahrt auf dem Fluss Kolymar. Diese mit Eislöchern gespickte Buckelpiste (entstanden aus Luftblasen, die von Trucks eingedrückt wurden) hatte es in sich. Hundertfach schlagen die Reifen durch, brechen wir in Messerscharfe Eislöcher ein oder durchfahren sie, überfahren wir Steine, Baumstämme etc. Dass wir weder an einem der Anhänger, noch an einem der Jeeps bisher einen Reifenschaden hatten, bestärkt mal wieder meine Überzeugung, dass wir mit dem Goodyear Wrangler MT/R den besten Geländereifen der Welt auf unseren Expeditionen einsetzten.

    Wir benötigten für die nonstop Fahrt mit bis zu -50°C - während derer wir auch den Arctic Circle überquerten - rund 16 Stunden und kamen geschlaucht in Schritniekolimsk, einem Dorf in the middle of nowhere an. Dort angekommen wurden wir binnen Minuten von Journalisten und Einwohnern begrüßt. Es ist ein wirklich schönes kleines Dorf, das an das Ufer der Kolymar aus Holz gebaut wurde. Es ist aufgeräumt und die kleinen eigenen Häuser sind größtenteils hübsch zu Recht gemacht und gepflegt. Das dieses kleine Dorf, in dem neun Monate im Jahr Winter herrscht, auch Stadtrechte besitzt, geht - wie wir hörten - auf eine Geschichte während der Zeit von Katarina II zurück.

    Auf Grund der extremen Winterwege, die uns und unserem Material alles abverlangen, müssen wir alle paar hundert Kilometer kontrollieren und reparieren. Zum Glück hatten wir auch dieses Mal eine kleine Garage, in der es um null Grad war und wir die Arbeiten erledigen konnten.

    Wenn man sich fragt wie die Wege, die wir fahren sind, so kann man nur sagen, dass viele normale Geländewagen diese schon auf Grund der Böschungswinkel kaum hätten meistern könnten ohne sich die Stoßstange etc. abzureißen. Man kann kaum beschreiben wie zerstörerisch sie sind. Tausende von Löchern, hohen Wellen, Ästen, Baumstämmen, steile Auf- und Abfahrten in Flussbetten etc. Und wir zerren dort auch noch die Trailer durch. Das dies nicht bis ans Ende ohne Schäden geht ist allen klar. Wann wir jedoch das erste größere Problem haben würden konnte keiner sagen. Dass es aber nicht mehr lange dauern konnte bis irgendetwas nachgab war klar. Heute Nacht war es dann soweit. Es passierte in einem Hohlweg ca. 50 km hinter Schritnikolimsk. Rechts und links eine 1 m hohe Böschung. Der Weg war so schmal, dass immer nur einer durchfahren konnte und mit hohen Wellen und Brüchen versehen. Dort zerrten wir die Trailer im ersten Gang mit Untersetzung und Sperren durch, als ich meinen plötzlich im Rückspiegel vorne in die Luft ragen sah. Zuerst dachte ich die Anhängerkupplungen seien auseinander gerissen, was aber nicht der Fall war. Es war der Rahmen, an dem ein Teil abgebrochen war. Nun hieß es improvisieren. Und das - wegen der Kälte und weil große Uraltrucks vor und hinter uns auf die Durchfahrt warteten - schnell. Mit Spanngurten bauten wir eine Behelfslösung und machten nach rund einer Stunde die Gasse frei, indem wir uns etwa 300 m weiter in die Böschung schlugen.

    Nachdem die Trucks passiert hatten, mussten wir noch auf schwierige Art und Weise wenden und fuhren sehr langsam zurück in ein kleines Dorf mit Namen Nalimsk, welches wir vor ungefähr 30 km passiert hatten. In dem Dorf, in dem ausschließlich Jakuten auf traditionelle Art und Weise mit der Natur leben, fragten wir den Bürgermeister wer uns ein Schweißgerät zur Verfügung stellen oder uns etwas schweißen könne. Er sagte uns, dies sei nur morgen früh möglich und lud uns ein in seinem Bürgermeisterzimmer zu übernachten. Zwischen Stühlen, Fahnen und Tischen schliefen Ulrich Kaifer, Kaspar Mettler, Marco Schwarzer und Konstantin Savva, während ich in meinem Wagen blieb um sicher zu stellen, dass die Motoren bei -50°C gut durchliefen.

    Am nächsten Morgen organisierte der Bürgermeister wie versprochen die Reparatur. Ivan, der Schweißer des kleinen Kohleheizkraftwerks des Dorfes, nahm uns mit zu sich nach Hause. Er hatte einen kleinen Transformator mit dem er ein elektrisches Schweißgerät betreiben konnte. Nachdem er Felle unter dem Anhänger ausgebreitet und aus einer alten Stahltürzarge vier Verstärkungsteile hergestellt hatte, begann er mit richtigen Schweißen. Die Reparatur inkl. der präventiven Maßnahmen dauerte den ganzen Tag - draußen versteht sich, weil es keine Garage gab. Zwischenzeitlich lud er uns noch zu Tee und Gebäck, anschließend sogar noch zum Pferdefleisch essen ein. Da sich in dem traditionellen Hauptgericht auch eine ausgiebige Menge Pferdedärme befand, fiel es einem Teil des Teams nicht leicht der Höflichkeit halber die von der anwesenden Schwiegermutter randvoll gefüllten Teller zu leeren. Gegen 17 Uhr wollten wir aufbrechen und befuhren langsam die Dorfstraße, als immer mehr Kinder und Jugendliche um uns herum auftauchten. Auch Erwachsene kamen, aus Fenstern wurde gewunken.

    Wir hielten wieder und wieder an, erklärten, ließen auf den Autos unterschreiben und mussten Fotos machen. Abschließend bug man für uns sogar noch frische Brote für den 700 km langen harten Weg, im mehr oder weniger Schritttempo nach Tscherskie, der nun vor uns liegt. Bei einsetzendem Schneefall fuhren wir los.

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    11.02.2009:

    Wir kriechen mit 5 km/h daher und sind eigentlich viel zu langsam. Die extrem heftigen, harten und buckeligen Winterwege lassen aber keine höheren Geschwindigkeiten zu. Nach rund drei Tagen mehr oder weniger nonstop Fahrt ab Ust-Nera (wir schliefen immer nur ein paar Stunden in der Taiga) sind wir gestern Nachmittag in Syrianka angekommen. Wir begannen sofort mit der Suche nach einer warmen Garage und einer Übernachtungsmöglichkeit. Beides fanden wir dank sehr freundlicher russischer Helfer. Die Garage hatte genug Platz für die Autos und Anhänger und man ließ uns trotz der sonntäglichen Pause mit der Kontrolle der Fahrzeuge und Anhänger sowie der Instandsetzung verschiedener Beschädigungen beginnen.

    Parallel kaufte ein Teil des Teams weitere Vorräte für die kommenden 1500 km bis Belibina ein. Konstantin organisierte ein Zimmer für uns (5 Mann auf 3,5 x 3,5 m), wo wir uns wieder mal ausstrecken konnten - siehe hierzu auch Ulis Anmerkungen/Anekdoten**. Irina, die freundliche ältere Hausdame kochte sogar für uns und wir konnten in der Zwischenzeit ein paar Sachen waschen.
    Endlich wieder ein Hotel.

    Matthias Jeschke


    ** Ulrich Kaifer:
    Wir hatten ein kleines nettes Apartment mit einem Zimmer und kleiner Küche.
    Das Badezimmer machte einen super Eindruck. Ich hatte die Ehre als erster duschen zu dürfen und nahm nach drei Tagen Abstinenz dankend an. Im Gegensatz zu allen anderen bisherigen Duschen hatte diese sogar eine Duschkabine was insofern ganz nützlich sein kann, als dass man das Bad nicht jedes mal komplett fluten muss. Als ich in die Kabine stieg merkte ich jedoch sofort, dass ich weit gefehlt hatte. Die Kabine war erstens nicht auf der Duschtasse befestigt, so dass diese schräg saß und zweitens sich die Tür nicht richtig schließen ließ. OK, dann wohl doch fluten. Viel schlimmer war jedoch, dass sich die Temperatur des kleinen Wasserstrahls nur zwischen kochendem Wasser und eisig kalt regulieren ließ. Als ich endlich nass war musste ich zudem noch feststellen, dass sowohl mein Shampoo, sowie die Waschlotion in meinem Kulturbeutel, welcher während der Fahrt unter der hinteren Sitzbank lagert, gefroren waren. Beim Ausstieg hielt ich mich dann noch grob fahrlässig an der Handtuchstange fest, welche sich dann von der Wand löste und in Ihre Einzelteile zerfiel. Trocken, sauber und glücklich verließ ich dann schließlich das Bad.

    Ein weiteres kleines Missgeschick passierte mir wenig später. Wir hatten die Möglichkeit unsere dreckige Wäsche in einer Maschine zu waschen. Kaspar hatte sich darum gekümmert und kam erstaunlich schnell mit gewaschener aber feuchter Wäsche zurück. Die Waschdauer kann nicht mehr als 20 Minuten betragen haben. Die Heizung war nicht wie sonst immer in Russland auf Sauna gestellt. An einem roten Drehknopf an der Seite wollte ich dies ändern. Was man wissen muss, normalerweise laufen die Heizungen in Russland auf vollen Touren, die Raumtemperatur wird nur über das Öffnen der Fenster reguliert.

    Die Tatsache eines roten Drehknopfes hätte mich eigentlich stutzig machen müssen, aber als mehr oder weniger Anfänger in diesen Breiten habe ich diesen mal beherzt aufgedreht. Das Öffnen des ziemlich großen Entlüftungsventils hatte zur Folge, dass die doch relativ frisch gestrichene Wand mit einer nicht ganz unerheblichen Menge ziemlich brauner Brühe versaut wurde. Ich war so verdutzt, dass ich das Ventil auch erst nach geschätzten drei Sekunden wieder zudrehen konnte. Die Wand konnte ich ganz gut reinigen, die Pfütze in der Raumecke überließ ich Ihrem eigenen Schicksal. Der Schaden hielt sich aber in Grenzen.

    Danach hatten wir einen ganz netten Abend in unserer kleinen Küche. Die Dame an der Rezeption machte uns ein warmes Abendessen aus Lebensmitteln, die wir für diesen Zweck eingekauft hatten. Nach zwei Bier und dem warmen Essen war ich im Nu so müde, dass es mir schwer viel nicht am Tisch einzuschlafen.

    Kaspar und ich durften uns als Dienstälteste das Bett teilen, der Rest schlief mit Schlafsäcken auf dem Boden. Es gab jedoch nur eine Decke für uns zwei. Ich beschloss mir aus zwei Bezügen meine Bettdecke zu bauen. Dies ging anfänglich auch ganz gut, ich schlief sofort ein, wachte aber in der Nacht wieder auf weil mir kalt war. Nach langem Kampf gegen den allseits bekannten Schweinehund zog ich mir einen Pullover an, fror dann aber weiter an den Beinen und hatte keinen sonderlich guten Schlaf.

    Insgesamt war ich aber doch ganz froh mal wieder in der Zivilisation gewesen zu sein, geduscht und in einem Bett geschlafen zu haben.

    07.02.2009:

    Ich hatte mich knapp verkalkuliert.
    Als wir am Morgen aufwachten war dies nicht weil der Wecker klingelte oder wir ausgeschlafen hatten, sondern weil der Motor am F1 ausging. In der Nacht wollten wir die Tanks bei eisigen Temperaturen nicht noch auffüllen und ich kalkulierte die Restmenge im Haupttank sollte knapp bis zum Morgen reichen. Sie tat es um eine halbe Stunde nicht. Das eine Umpumpaktion unmittelbar nach dem Aufwachen und in schneidender Kälte nicht wirklich Spaß macht und man schlagartig hell wach ist, ist auch klar. Entschädigt wurden wir mit dem Eintreffen der ersten Sonnenstrahlen und einem Landschaftsbild wie es sich ein Maler nicht schöner hätte ausdenken können.

    Interessant ist bei uns immer das Frühstück. Die beengten Platzverhältnisse in den Wagen ringen uns in der Regel akrobatische Leistungen (das gilt auch für die Bildbearbeitung, die Uli während der Fahrt mit großer Fingerfertigkeit aber mit noch mehr Geduld - leichtes bis mittelschweres Fluchen über die nächste Beule am Kopf oder Ähnliches hören wir vorne kaum noch - zu Wege bringt) ab. Und da das Frühstück bei uns die einzige Mahlzeit ist, die wir im Ruhezustand - also ohne zu Fahren - einnehmen, geben wir uns natürlich Mühe. Da wir im Auto kochen, müssen die drei Schlafplätze mit dem Innenraumequipment in die Küche verwandelt werden, wozu Umbaumaßnahmen notwendig sind. :)
    Aber dann ist's kuschelig. Dass drei Männer im Jeep komfortabel schlafen können ist eh klar. :) Heute Morgen z.B. flippte mein dick bestrichenes Marmeladenbrot, welches ich auf meiner Tasse abgelegt hatte, welche auf dem Rand des GPS stand, welches neben dem Funkgerät montiert ist und gab sich der Erdanziehung hin. Bis es mit der Marmelade nach unten die Endposition auf der Hydrauliksteuerung eingenommen hatte, streifte es noch das Funkkabel, das Lenkrad, von dort das Laptop um dann über meine Hose und das Sitzfell nach unten zu rutschen.

    Mittlerweile fahren wir fast nur noch auf Flüssen oder durch Flussbetten über Treibholz. In einem dieser engen Flussläufe trafen wir Vitali und Kirill. Beide leben in einem 2,5 x 2,5 m großen, einfachen Zelt und arbeiten daran, einen Mitte Dezember in Nalid Ice eingebrochenen 6x6 Urla-Truck aus dem Eis zu befreien. Der Wagen ist ein einziger riesiger Eisklumpen. Der Trick besteht nun darin, den LKW als ganzen Eisblock aus dem Fluss zu lösen und diesen rund 9 x 3 x 1,5 m großen Brocken mittels einer Eisrampe und zwei weiteren Trucks aus dem Fluss an Land zu ziehen.
    Eine Mörderarbeit. Diese wird ungefähr zwei Wochen dauern. Danach braucht man nochmals rund eine Woche um den Truck mittels großer Bunsenbrennern aus dem Eisblock raus zu tauen und rollbereit zu machen. Ein anderer Truck wird dann das havarierte Fahrzeug 200 km in die nächste Ansiedlung schleppen, wo die Reparatur beginnen kann.

    Wir hoffen Syrianka in rund sieben Stunden zu erreichen.

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    06.02.2009: Sasyr

    Die kleine Brücke hielt. Und als wir danach auch noch eine große Fläche Nalid Eises ohne Probleme durchfuhren weil es schon wieder gefroren war, war der Tag gebongt. Ein schwieriger Teilabschnitt war genommen.

    Auf unserem weiteren Weg entdeckten wir zwischen Bäumen ein Basecamp der Rentierhirten. Es war vorübergehend verlassen, aber beeindruckte uns doch. Auf ein paar zusammengebundenen Holzplanken in ungefähr 1,5 m Höhe wird in Fellen geschlafen. Als Schutz dient lediglich einen notdürftige Plane. Schon gestern sahen wir Spuren eines oder mehrerer Hirten mit einer großen Anzahl von Tieren und folgten ihnen - jedoch ohne sie zu treffen.

    Gegen 17 Uhr erreichten wir das von unserem nächtlichen Rastplatz rund 85 km entfernte native Dorf Sasyr. Es ist hauptsächlich von Pferde- und Rentierhirtenfamilien bewohnt und hat eine lange Tradition. Hier steht auch das einzige Museum, welches die Historie des Volksstammes der Ewenen zeigt. Keine fünf Minuten nachdem wir einfuhren, umringten uns vielleicht 20 Kinder. Groß war die Freude, als wir ihnen in dem kleinen Shop Schokolade kauften. Direkt lud uns eines der etwas älteren Kinder zu sich nach Hause ein. Dort angekommen bewirtete uns die Familie mit Tee und Gebäck.

    Anschließend fuhren wir noch rund 70 km über heftigste Buckelpisten durch Wälder bis zu unserem jetzigen nächtlichen Standplatz im Tiefschnee bei -48°C.

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    05.02.2009: Einstieg in die Winterwege

    Wir starteten nachdem wir rund 850 Liter Benzin aufgenommen und das Bioethanolmischungsverhältnis hergestellt hatten gegen 10 Uhr aus Ustnera und fühlen uns nun zeitweise wie Kapitäne auf einem Schiff: Mit anfänglich 1,2 Bar Luftdruck (später reduzierten wir nochmals wegen starker Schneeverwehungen auf 0,7 Bar) und als Vorsichtsmaßnahme, die sich bewähren sollte, mit ausgebauten Stabilisatoren schaukeln die Wagen wie auf hoher See. Der Grund: Ohne die Stabilisatoren ist die Verschränkung nochmals viel besser und die elektrischen Diskonektoren werden durch das viele Eis nach dem Einbrechen in Wasser einfrieren. Das wollten wir verhindern.

    Wir erreichten nach ca. 90 km Winterstraße Richtung Magadan den kleinen unscheinbaren Abzweig nach Syrianka. Dieser Einstieg markiert den Beginn der harten Winterwege Chukotkas. Von hier aus (rund 600 m über NN) führte uns unsere erste Winterwegsetappe ca. 60 km auf den zugefrorenen Flüssen Burustach und Andigitschan Richtung Sasyr. Insgesamt legten wir in 15 Stunden Fahrt rund 220 km zurück, überquerten drei Pässe bis auf 1300 m über NN, halfen zwei LKW-Fahrern, die mit Motorschaden liegen geblieben waren indem wir über Satellitentelefon einen Notruf an die Zentrale absetzten, fuhren durch das Aquarium* und winchten mehrfach mein komplettes Gespann aus Tiefschnee, wenn ich beim Durchbrechen des Schnees stecken blieb.
    In jedem Fall haben sich die Winden bei den jetzt rund acht Tonnen schweren Gespannen ein ums andere Mal bewährt - wie auch die Spezial-Anhängerkupplungen von Rockinger. Sie ermöglichen extremste Verschränkung zwischen Fahrzeug und Trailer - und die hatten wir zur Genüge.

    Die Winterwege sind von 6x6 oder 8x8 Trucks "durchgebrochene Tracks". Sie führen querfeldein, entlang oder durch/über Flüsse, Wälder, Hänge, Ebenen, etc. Gerade so, wie die Trucks durchkommen. Oft waren wir mit 10 km/h oder weniger unterwegs und fuhren durch Täler oder Hochebenen und über Pässe, die von gewaltiger Schönheit sind. Auf einer dieser Hochebenen musste vor kurzem ein heftiger Sturm getobt haben. Es sah aus wie nach einem Erdbeben. Überall Zacken, Eis und meterhohe Schneeverwehungen, die im unwirklichen Scheinwerferlicht wie aufgebrochene Erde aussahen.

    Unterwegs trafen wir Trucker in ihren extrem Urals und Kamaz, die sich verwegen durchkämpfen. Sie berichteten uns von mehreren offenen Flüssen, die wegen warmen Wassers nicht zufrieren. Bei ihrer Überquerung sollten wir vorsichtig sein. Nachdem wir gegen 3 Uhr morgens den offenen Fluss erreicht hatten, stoppten wir und richteten uns für die Nacht ein. Den Fluss bei Nacht zu durchqueren war zu gefährlich. Am nächsten Morgen traf es sich sehr gut, dass wir einen LKW-Konvoi auf uns zukommen sahen. Die Trucks durchquerten den Fluss auch nur mit Mühe. Wir konnten zusehen wie ein Kamaz aus dem Fluss geborgen wurde, der die meterhohe Eisstufe nicht erklimmen konnte. Nicht weit von der Stelle wo die Trucks querten fand Kaspar eine zerstörte alte Brücke. Die LKWs trägt sie nicht mehr aber unsere Fahrzeuge hoffen wir wird sie aushalten um uns eine heftige Winchaktion zu ersparen.

    *Das Aquarium: Bei LKW-Fahrern berüchtigter kleiner See, kurz vor dem dritten Pass, auf dem sich in der Regel Nalid Eis bildet. Als wir am Morgen LKW-Fahrer trafen, sagten sie uns es sei ca. 5 cm dick. Nachmittags waren es schon 30 cm und als wir eintrafen brachen wir bis über die Achsen ein. Wir mussten es durchfahren, da wir damit rechneten, dass wir am nächsten Morgen noch tiefer einbrechen und uns die Autos am aufgebrochenen Eis der Trucks, welches wild hochsteht, beschädigen würden. Das hatte aber auch zur Folge, dass wir nicht wie ursprünglich geplant auf dem dritten Pass übernachten konnten (die Temperaturen sind in der Höhe in der Regel bis 10 Grad wärmer als im Tal), sondern weiter fahren mussten um zu verhindern, dass die Räder, Bremsen und Achsen nach der Wasserdurchfahrt einfrieren.

    Feeling Gruppe: Nach sechs Stunden Schlaf und einem ausgedehnten Frühstück in herrlicher Landschaft bei Sonnenaufgang war die Power wieder da, nachdem zuvor die Anstrengungen an den Nerven zehrten.

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    04.02.2009:

    Wir mussten uns entscheiden den heutigen Tag noch in Ustnera zu verbringen.
    Am Ende 60 Stunden wach ist dann doch ein wenig viel um nach fünf Stunden Schlaf die gefährlichen 400 km nach Syrianka in Angriff zu nehmen. Alle warnen uns vorsichtig zu sein, helfen aber auch noch Tricks an den Autos umzusetzen, spezielle Eisbrechstangen zu besorgen etc.
    Wir brechen morgen früh auf.

    Am Abend lud uns unser Freund Vitalie aus Ustnera noch ein an einer Geburtstagsfeier seiner Mutter teilzunehmen.
    Bewirtet mit besten jakutische Spezialitaeten wie Därmen junger Pferde und anderer Leckereien, verbrachten wir vier Stunden im Kreise seiner Familie. Tanzen und singen gehören hier dazu und so brachten auch wir auf deutsch ein Ständchen und tanzten nach einigen Wodka mit den Damen im Alter unserer Mütter. Es war ein herzliches Fest.
    Es war sozusagen eine wirklich schöne Verabschiedung aus der Zivilisation in die Härte des Kolymar Gebiets.

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    01-03.02.2009:

    Ich frage mich manchmal, ob man gewisse Vorgänge einfach als normal oder als gefügt bezeichnen kann. Z.B. Kaspar Mettler. Wenige Tage vor meiner Abreise meldet sich Kaspar und möchte die härtesten Etappen der Expedition noch mitmachen. Wir machten es möglich und nahmen ihn mit.

    Nur 2-3 Tage später erreicht mich die Nachricht, dass Evgeny nicht - oder erst viel später - zu uns kommen wird. Evtl. werden wir ihn in Pevek treffen. Mit Evgeny fiel ein erfahrener Offroad-Fahrer und vor allem der Fahrer des zweiten Expeditionsfahrzeuges aus. Weder Marco noch Konstantin, - eingeschränkt vielleicht Ulrich - können die Gespanne über tausende von Kilometern durch hartes Gelände fahren. Kaspar kann es. Schon nach wenigen Tagen ist klar: Wir haben mit Kaspar einen ideal passenden Kameraden für unser Team erhalten. Er ist ein versierter, umsichtiger und zuverlässiger Fahrer und Teamplayer mit viel Erfahrung. Es passt absolut perfekt. Wir sind dankbar dafür. Überhaupt haben wir aktuell wieder ein super Team. Uli, Marco, Konstantin - alles top Profis was Zusammenarbeit, Fairness und Miteinander angeht. Uli immer mit Humor, Marco mit bayrischer Lockerheit und Konstantin mit russischer Gelassenheit.

    Seit gestern 16 Uhr sind wir wieder auf dem Weg und Jakutien will uns anscheinend die gleichen Herausforderungen stellen wie im Dezember bei der Ankunft. Die Region sorgt mit bis zu -52 Grad dafür, dass alles schwer fällt.

    Zum ersten Mal trafen wir heute auf ein Phänomen, das jeder Fahrer hier fürchtet: Nalid Ice.

    Was ist es; wie entsteht es; bzw. welche Gefahr birgt es?

    In der Regel entsteht es wenn ein Fluss aufgrund kältester Temperaturen vollständig bis auf den Grund zufriert. Dann kann das anströmende Wasser nicht mehr unter dem Eis fließen und sucht sich Wege dazwischen und darüber. Es entstehen zum Teil meterhohe Wasserblasen. Das überströmende Wasser gefriert nicht gleich und ist nicht tragfähig. Fahrzeuge die es befahren, brechen in das Eis ein und frieren - wenn sie nicht schnell genug geborgen werden können - gnadenlos fest. So mancher Wagen/LKW wartet Wochen und Monate auf die Bergung. Wir trafen am Fluss Setorym auf Nalid Ice, welches jedoch nur 10/15 cm aufbrach. Wir konnten also passieren.

    Mittlerweile sind wir in Ustnera eingetroffen. Nach fast genau 42 Stunden Non-Stopp-Fahrt. Wir sind nun alle seit rund 53 Stunden wach (sieht man mal von drei je rund einstündigen Schlafstopps in der Einsamkeit Jakutiens ab) und haben noch den heutigen Tag vor uns um die Fahrzeuge für die nächste Etappe zu präparieren, die uns auf dem Fluss Kolyma nach Syrianka führen wird.

    Die Menschen in Ustnera warnten uns schon vor, dass es durch die tiefen Temperaturen viel Nalid Ice geben wird. Zudem herrschte vor zwei Tagen ein Sturm, der alles mit Schnee zuwehte - Sche***

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    28.01.-01.02.2009:

    Es war einiges los an Arbeit, Organisation und Eintreffen/Wegbleiben von Teammitgliedern bei uns in den vergangenen drei Tagen.

    Früh morgens am 28ten holte ich Ulrich Kaifer, unseren Fotografen, der problemlos nach Jakutsk eingeflogen war, am Flughafen ab. Nun waren wir also zu dritt und haben uns voll dem erwähnten Umbau der Fahrzeuge gewidmet.

    Super war, dass wir an diesem Tag auch alte Bekannte in Jakutsk wiedertreffen konnten: Thomas Beil und Uwe Lay. Thomas hatte bei mir vor einiger Zeit ein Motorrad gekauft und war mit seinem Freund auf dem Weg nach Oimijakon. Beide transportieren für uns Matarial nach Jakutsk und nach Hause und unterstützten uns organisatorisch. Wir danken beiden herzlich für ihre Hilfe.

    Am 29ten traf dann Konstantin Savva ein. Unser 2tes russisches Teammitglied kam aus Moskau und kümmerte sich sofort um die Sondergenehmigungen. Wir waren zu viert.

    Am 30ten traf nach einigen Verspätungen und Flugumlegungen Kaspar Mettler bei uns ein. Kaspar wurde nach 48 Stunden Flug direkt noch für 12 Stunden in die Werkstattarbeiten eingebunden. Er machte seine Sache perfekt und hielt stark durch. Wir waren fünf.

    Nun warteten wir nur noch auf die Meldung von Evgeny, der uns mitteilen sollte wann er in dem von uns 1000 km entfernten Ustnera eintrefen wird. Dort wollten wir auf ihn treffen und gemeinsam weiterfahren. Leider kam es anders. Evgenie teilte uns vor zwei Tagen mit, dass er noch für 10-14 Tage wegen geschäftlicher Notwendigkeit in Magadan bleiben müsse. Das war so natürlich nicht geplant. Nun fehlte uns ein Fahrer und wir mussten die eingeteilten Teams ändern. Jetzt fährt Kasper vollverantwortlich den F2 mit Marco an Bord, während ich im F1 mit Konstantin und Ulrich fahre.

    Heute nun, am 01.02.2009, nach der tollen Hilfe von Serafim und seiner Mannschaft - Artyom, Valarie, Dima, Micha, Sonja und Dima starten wir Richtung Belibina.

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    27.01.2009: Strip my trailer


    „Ja muss ich mich denn nur ärgern?“ dachte ich, als mir das einfache Hotel "Sesaria“ (Name so ausgeschrieben, wie ich es hier in Russland ausspreche) plötzlich das Doppelte an Geld abnehmen wollte als bisher. Ich hasse so was. Vor unserer Abreise waren wir im Polarstar Hotel sehr gut untergebracht. Alles war ok. Jetzt haben wir uns für eine einfache Unterkunft entschieden.

    Wenn der Preis stimmt kann man über dreckige Zimmer, Gestank im Bad, auf Putz verlegte Abwasserrohre, undichte Badewannen, lauwarmes Wasser, keine Zimmerreinigung, keine Handtücher, verschmierte Wände, kaputte Schränke, keine Bettdecken, freche Mitarbeiter, runter fallende Verkleidungen, sich durch Leckagen selbst flutende Badezimmer, etc. hinwegsehen. Aber wenn der Preis dann plötzlich um 100% steigt, bei gleichzeitiger Exklusion des Frühstücks regt sich der Matze echt auf!

    Ok, soweit ein bisschen Frust, weiter geht’s mit den Umbaumaßnahmen. Wir arbeiten mit vier Mechanikern plus Marco und mir parallel an beiden Wagen und den Trailern. Heute war z.B. mein Trailer dran. "Strip my Trailer" war das Schlagwort nachdem die Spezialanhänger bis hierhin alle Härten vollständig klaglos hingenommen und einen super Job gemacht hatten.

    Jetzt begannen wir, alles was nicht irgendwie unentbehrlich war zu demontiert, abzuflexen, umzuschweißen etc. Die Auflösung der extra so konzipierten Anhänger hat begonnen. Eine schweinische Angelegenheit wenn alles Eis aus den letzten Ritzen taut und dich nachdem es flüssig über den ganzen dreckigen Anhänger gelaufen ist, von oben bis unten einnässt - weil, du musst ja darunter liegen, denn eine Bühne gibt es nicht. Nach und nach werden wir diese immer weiter zerlegen bis nichts mehr als der Rahmen da ist. Da sollten wir in Uelen angekommen sein. Die Bilder vorher/nachher werdet ihr in ein zwei Tagen sehen. Außerdem begannen wir mit dem Einbau der Webasto Standheizungen, tauschten den zweiten Tank, ersetzten die bisherigen LKW-Anhängerkupplungen gegen die neuen Spezial-"nato"-Anhängerkupplungen von Rockinger für extremes Gelände fahren und montierten die dritte Winde an den Fahrzeugen.

    Ziemlich müde fielen wir um 24 Uhr in die Kojen. Um 5 Uhr müssen wir wieder raus um Ulrich, unseren Fotografen, am Flughafen abzuholen.

    26.01.2009: Umbau/Vorbereitung der Fahrzeuge

    Unsere Aufgabe nun ist die maximale Gewichtsreduzierung und die Vorbereitung bzw. der Umbau auf eine der sicherlich anspruchsvollsten Offroad-Strecken überhaupt mit noch nie bewältigten Abschnitten.

    Alles, wirklich alles, prüfen wir auf echten Gebrauch oder nicht. Wenn nicht, wird es verkauft oder an Bedürftige verschenkt. Dazu gehören Kleidungsstücke genauso, wie überschüssiges Eqipment. Wir nehmen nur mit, was wir unbedingt brauchen.
    Unsere Dachboxen haben - wir wie von Anfang an vorgesehen - jetzt demontiet. Sie werden nach Fairbanks geschickt, wo wir sie wieder montieren. Dies ist notwendig, da unser Notausstieg in der Beringsee bei den Fahrzeugen über die herausnehmbaren vorderen Dachhälften der Wrangler erfolgt. Den vorderen Tank werden wir in Uelen den Menschen, die dort leben überlassen.

    Außerdem haben wir heute einen von zwei Unterflurtanks ausgetauscht, die wir uns aufgerissen hatten, begonnen die Satellitenkommunikation und Navigationsmittel aufzustocken (Laptop, Fax, GPS, Kompass, Notsignal, Notfunk, etc.), die Uni Alaska auszurichten, unseren Tracker in Betrieb genommen, begonnen den ersten Anhänger aus der Froststarre zu befreien, Elektrik am F2 instand gesetzt und einen Simmering am F1 erneuert.

    23-25.01.2009: Back on track

    Es war ein sehr holpriger Start. Hoffen wir, dass es dazu dient alles Schlechte am Anfang abzufackeln.

    Erst mussten wir in Frankfurt am Main doch fast 1500€ Übergepäck für unser Equipment zahlen, was eigentlich nicht der Fall sein sollte, dann bekam ich das erste Mal Probleme mit einer russischen Behörde, die unsere Expedition ansonsten absolut vorbildlich unterstützen, als mir auf dem Flughafen Domodedovo die Notsignalpistolen nebst Munition beschlagnahmt wurden, weil laut Behördenaussage ein Dokument nicht vorlag.

    Kurz bevor unser Weiterflug weg gewesen wäre, ließ man mich - zwar ohne Notsignalequipment - aber wenigstens gehen. Zusammen mit Marco rannten wir dann mit 240 kg Gepäck, 2 Gepäckwagen, 3 Mitarbeitern einer der in meinen Augen unfreundlichsten Fluglinie weltweit - S7 - und 2 Polizisten durch Flure, Gänge, Sicherheitskontrollen und über einen speziellen Zugang bis an den Laderaum des Flugzeuges, wo vier weitere Helfer warteten um unsere 17 schweren Gepäckstücke auf Geheiß der Polizei noch in letzter Sekunde einzuladen. Anschließend traten Marco und ich ins Flugzeug und sofort wurde die Tür geschlossen/abgehoben.
    Angekommen in Novosibirsk ging es nach 16 Stunden Warten auf dem Flughafen erstmal mit einem handfesten Streit mit den nächsten Mitarbeitern der S7 weiter, die uns nochmals um über 1000€ erleichterten und sich aufführten wie beim Balzen. Wieder ging es knappst ins Flugzeug, diesmal sogar mit einem eigenen Bus für Marco und mich. Es war echt zum ko*** mit der S7.

    Erst 42 Stunden nach unserem Abflug wurde es in Jakutsk wieder nett. Serafim hatte unsere Ankunft gut vorbereitet. Wir wurden abgeholt und schon um 6 Uhr wurde die Werkstatt für uns geöffnet, damit wir das ganze Equipment unterstellen konnten. Jetzt geht es schnell ins Hotel und dann legen wir mit dem Umbau/Vorbereitung der Fahrzeuge für die härteste Etappe los. Dafür habe ich 4-5 Tage geplant.

    Ulrich, unser Fotograf, soll am 28ten, Konstantin aus Moskau am 29ten, Kaspar aus Zürich am 30ten eintreffen. Evgeny wollen wir dann am 02.02. im tausend Kilometer entfernten Ustnera treffen, wo er aus Magadan direkt hinkommt...

    Zweiter Teil der Expedition

    Im Moment befindet sich das Team noch in Deutschland. Der Abflugtermin ist der 23.01.2009. Für die Vorbereitung der Rückkehr nach Russland und den bevorstehenden schwierigsten Teil des ganzen Projektes, benötigte das Team etwas mehr Zeit in Deutschland und wird daher heute nach Jakutsk aufbrechen.

    Die Zeit wurde auch genutzt um zwei weitere Kurzfilme - siehe http://www.pny2009.com/cms/front_con...cat=658&lang=1 - zu erstellen. Die Film-Clips decken nun die gesamte bisher befahrene Strecke ab.

    Da die Kommunikationsmöglichkeiten ab jetzt viel geringer werden, hat das Team nun einen Satelliten-Messenger dabei, mit dessen Hilfe immer der aktuelle Standort und somit die gefahrene Route online nachvollzogen werden kann. Die Karte befindet sich hier: http://www.pny2009.com/cms/front_con...cat=706&lang=1

    Wie baue ich an Weihnachten aus Langeweile ein Hinterachs-Differential?

    Am 24. Dezember befand ich mich noch in Aldan, um das Expeditionsfahrzeug F1 zu reparieren und dieses dann mit Anhänger MJ46 nach Jakutsk zu fahren - was schlussendlich auch klappte (Ankunft 25.12, 01:00 Uhr). Die Reparatur an sich gestaltete sich jedoch extrem schwierig und ich benötigte gemeinsam mit meinem russischen Begleiter Dima zwei Tage und Nächte, da uns zu unserer großen Enttäuschung vom Zubehörhandel die falschen Kegel/Tellerradsätze geliefert wurden. Weil in Russland alles möglich ist, haben wir uns das Differential schlussendlich aus zwei falschen Differentialsätzen und mit der Unterstützung einiger Helfer in Aldan selbst gebaut.

    Wie? Man nehme ein zu dickes Tellerrad, zerstöre es zu Testzwecken und drehe das Zweite dann mit Drehmaschinen, die gigantische Ausmaße haben, auf Maß ab. Dazu baue man diese Maschinen in stundenlanger Arbeit natürlich erst um, nachdem man die Produktion von Industrieteilen zuvor mit Hilfe eines verständnisvollen Direktors gestoppt hat. Um sich diese riesigen Maschinen nutzbar zu machen, stelle man vorher mit Hilfe eines nicht mehr benötigten Kettensatzes einer Raupe das geeignete Haltewerkzeug selbst her (diese Anleitung auf Anfrage :) ). Genauso verfahre man mit den Kegelradwellen, nachdem man das benötigte Maß vorher in unzähligen Ein-/Ausbauversuchen ohne Messwerkzeug ermittelt hat. Dann benötigt man idealerweise einige alte Schrauben mit speziellem Zollgewinde, die man mit Hilfe einer Feile und ähnlich eines Geduldspiels zu Gewindeschneidwerkzeugen umbaut, um neue Gewinde in das Tellerrad zu schneiden.

    Dann lasse man sich von einem begnadeten, alten russischen Mechaniker noch drei 0,2mm Distanzscheiben von Hand dengeln und mixe diese mit anderen Scheiben aus den falschen Umbausätzen. Man benötigt nun eigentlich nur noch einige Stunden geduldige Einstellversuche, die händische Anfertigung eines Abziehers sowie eines speziellen Stemmwerzeuges und selbst hergestellte, dicke Unterlegscheiben (auf der schon erwähnten gigantischen Drehmaschine) und schon wird aus gar nix ein Differential, welches man sonst nur für viel Geld in den USA kaufen kann.

    Um die ganze Sache abzurunden, empfiehlt es sich, wenn die Müdigkeit und Kälte in den großen Hallen übermächtig wird, die Gastfreundschaft von Helfern anzunehmen, hunderte von Telefon-Euros für Informationen auszugeben und sich natürlich nicht zu ärgern.

    Nachdem ich dann am 24.12. nachts gemeinsam mit Dima, der mich irgendwie wach hielt, um fahren zu können, in Jakutsk angekommen bin, flog ich 3 Stunden später am 25.12. in aller Herrgottsfrühe zu Gesprächen und um restliche Dinge zu erledigen nach Magadan. Evgeny ist über Habarowsk ebenfalls dorthin gereist.
    Das restliche Team, welches mich bis hierher begleitet hat, ist schon am 24.12. mit einer der letzten Maschinen ausgeflogen und ist über kurz oder lang sicher in Deutschland eingetroffen.

    An diese Stelle nochmals einen ganz herzlichen Dank an das super Team, welches Evgeny und mich ab Moskau begleitet hat:
    Astrid, Joachim, Marco, Hendrik: Ihr ward spitze! Es hat mir viel Spaß gemacht, mit euch zu reisen. Danke für alle Unterstützung und das gemeinsame, im Grunde nie vergangene Lachen.

    Das neue Team wird am 15.01.09 in Jakutsk eintreffen und auf die Reise durch Chukotka zur Beringstraße gehen.

    Zu guter Letzt danke ich von hier aus allen für die Unterstützung auf der ersten Expeditionsetappe über rund 22.000 km von Paris nach Jakutsk und wünsche allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

    15.-21.12.2008: Chita - Jakutsk

    XXL-Etappe mit Hindernissen

    Kurz nach der Abfahrt aus Ulan-Ude wurden die Aussenbedingungen noch viel härter als in der Mongolei: Mit Temperaturen bis minus 52 Grad waren Menschen, Maschinen und Material extrem beansprucht. Noch dazu waren wir auf der 2.650-Kilometer-Etappe von Ulan-Ude nach Jakutsk unterwegs, die wir nonstop zurücklegen wollten. Eine Belastung, die schon bald deutlich spürbar wurde. Völlig unverhofft entstanden innerhalb von ca. 200 Kilometern an den während des Fahrzeugumbaus extra gegen die Originaldifferenziale ausgetauschten Spezial-Hinterachsdifferenzialen (aus dem freien Zubehörhandel) beider Autos ein Schaden, der eine sofortige Weiterfahrt unmöglich machte.

    Das Problematische an diesen beiden folgenschweren Ausfällen: Zuerst ist ein unüberhörbarer Schaden am F2 aufgetreten. Nach einer Harakiri-Bergungsaktion bei über -50° Celsius und Action, die in die Sendung "tollkühne Männer ohne Nerven" gepasst hätte, sowie einem Transport in eine Werkstatt der nächsten Siedlung (rund 120 Kilometer entfernten - Aldan), konnte dort der Schaden diagnostiziert und Ersatzteile aus Deutschland bestellt werden. Von dem Industriewerk aus ging gute 24 Stunden später für den F2 und sein Fahrerteam die Reise nach Jakutsk per Truck und Sattelauflieger weiter. Aber nur hundert Kilometer nach Fortsetzung der Fahrt trat am vorfahrenden F1 ein identischer Schaden auf. Dieses Mal mit noch dramatischeren unvorhersehbaren Konsequenzen, denn Matthias entschied, den ohnehin schon nicht mehr fahrbereiten F2 samt Trailer und allen Teammitgliedern die Reise nach Jakutsk, wo 24 Stunden später die erforderlichen Ersatzteile ankommen sollten, fortsetzen zu lassen. Er selbst verbrachte die Nacht am F1 und ließ sich in einer 10 Stunden-Aktion mit dem jetzt havarierten F1 zurück in die Werkstatt nach Aldan schleppen, um möglichst schnell Klarheit über den entstandenen Schaden zu gewinnen. Die Organisation weiterer dringend erforderlicher Ersatzteile, die aus Deutschland mit gebracht werden sollten, ist unter höchstem Zeitdruck geschehen.

    Währenddessen hat das Team, das mittlerweile seit drei Tagen und Nächten unterwegs war, die Reise nach Jakutsk fortgesetzt, fand sich aber auch hier unvermittelt vor einer neuen Hürde: Vor der Einfahrt in die Stadt von Jakutsk muss die Lena überquert werden. Das Unglaubliche: Es gibt für diese große Stadt wirklich keine einzige Brücke! Auch nicht vor oder hinter der Stadt. Man muss zwangsläufig über den Fluss. Im Sommer gehen Fähren, im Winter friert er zu. Aber eben im Augenblick nur bis zu einer bestimmten Traglast, die wir weit überschritten haben. Also mussten unser Trailer und der Jeep auf einen kleineren Laster umgeladen werden. Und wieder Organisierei am Telefon: Wer macht’s? Woher kommt der Kran? Was kostet der Laster? Können überhaupt Jeep und Trailer umgeladen werden? Was passiert, wenn Matthias mit dem F1 ebenfalls Huckepack einen Tag nach uns an exakt dieser Stelle ankommt? Was heisst das alles für unseren Zeitplan? Die Liste der Fragen war schier grenzenlos!

    An dieser Stelle möchten wir einmal allen Helfern für ihren Einsatz während dieser problematischen Fünftages-Etappe danken! Es ist unglaublich, wie viele Menschen sich mit ungeheurer Intensität von Ulan-Ude, Jakutsk, Aldan und Deutschland aus bemüht haben, über die gesamte Zeit dieser von unvorhergesehenen Schwierigkeiten geprägten Strecke Lösungen zu finden und hilfreich mitzuwirken.

    Insgesamt hat das gesamte Team rund fünf Tage durchgearbeitet und kaum geschlafen. Matthias ist wenige Stunden nach uns per Spezial-Minibus in Jakutsk eingetroffen. Von einem Hotel in der Innenstadt konnten wir danach in den vergangenen zwei Tagen viele Dinge regeln: die Entgegennahme der von Extrem Events extra beschafften Ersatzteile, die anstehenden Reparaturen am F2, Aufnahmen von der Stadt für das Buch des Ullmann-Verlags und die Filmdokumentation der Expedition, Reisevorbereitungen für alle Teammitglieder und vor allem Vorbereitungen für die Fortsetzung der Expedition im Januar in Richtung Beringstraße mit dem nächsten Team. Aufgrund der aktuellen Situation und der hervorragenden Infrastruktur in Jakutsk – eine gute Werkstatt mit dem sehr kompetenten und extrem hilfsbereiten Chef Serafim, ein internationaler Flughafen, die Möglichkeit, in der Großstadt schnell fehlende Dinge zu beschaffen, umfangreiche Film- und Fotogelegenheiten sowie Behörden, die erforderliche Durchfahrtsgenehmigungen für die Fahrt nach Chokotka ausstellen können – hat Matthias die Entscheidung getroffen, beide Fahrzeuge vorgezogen in Jakutsk und nicht wie zunächst geplant in Magadan für Chokotka und die Beringstraßenüberfahrung vorzubereiten. Darüber hinaus wird auch der Teamwechsel von Magadan nach Jakutsk verlegt. Nachdem die Rückflüge aller Teammitglieder nach Deutschland geregelt waren, ist Matthias heute Abend per Spezial-Minibus nach Aldan zurück gefahren, um dort den F1 zu reparieren. Wenn auch dieses Expeditionsgespann Mitte der Woche auf eigenen Rädern und aus eigener Kraft in Jakutsk eingetroffen ist, hat Matthias mit der Verlagerung der erforderlichen Arbeiten und aller organisatorischen Belange von Magadan nach Jakutsk für einen guten, sicheren und warmen Standort für beide Gespanne gesorgt und eine hervorragende Ausgangsbasis für die Weiterführung der Expedition im Januar geschaffen.

    13.-15.12.2008 Ulan Ude – Aufbruch nach Jakutsk
    Mit den Amazonen zur Lama-Schule

    Heute hatten wir eine Entscheidung zu treffen, die uns nicht leicht gefallen ist. Durch einen Kontakt aus der deutschen Botschaft in Moskau – dem wir an dieser Stelle sehr fuer sein Engagement danken – trafen wir in Ulan-Ude mit Slava Bulatow zusammen. Er hatte fuer uns verschiedene Dinge vorbereitet, die aber durch unser Dank Grenzuebertritt verrutschtes Timing nicht geklappt haben. Was aber unbedingt sein musste, war unser Besuch eines der wichtigsten buddhistischen Tempel Russlands. Das Argument: Diese heilige Staette muss man einfach besucht haben, wenn man in Buriatien ist. Das Wunder dieses buddhistischen Tempels, die in Buriatien “Datsan” genannt werden, ist ein sitzender Lama, der seit 70 Jahren nicht weiter altert. Darueber hinaus wurden wir in Ulan-Ude dermassen herzlich empfangen, dass wir diese Einladung nicht einfach so ausschlagen wollten.

    Unsere Bedenken, die es uns so schwer gemacht haben, diesen interessanten Vorschlag spontan anzunehmen, waren vielschichtig: Vor uns lag die naechste grosse Etappe nach Jakutsk mit 2.560 Kilometern, die wir ohne Zwischenstop bewaeltigen wollten – ohnehin schon eine grosse Herausforderung an das ganze Team. Die Wettervorhersage fuer die Strecke nach Jakutsk verhiess Nebel, viel Schnee und Temperaturen bis zu minus 50 Grad – auch keine optimalen Voraussetzungen, um die Strecke schnell zu bewaeltigen. Das Team haette gerne den Tag frueh begonnen und direkt vollstaendig zum Fahren genutzt. Die Befuerchtung, dass wir durch den vorgeschlagenen Ausflug etwa die Haelfte unseres Vorsprungs auf den Zeitplan einbuessen wuerden, stand im Raum. Zusammengerechnet sind die Bedingungen dafuer, wie von Matthias als Grobziel ausgegeben am 26.12. in Magadan einzutreffen, schon schwierig genug.

    Dass wir den Ausflug zum buddhistischen Kloster “Gandan Dashi Choinkhoryg” dann doch gemacht haben, war eine der besten Entscheidungen, die wir bislang getroffen haben! Wir haben nicht nur Einblicke in das wichtigste buriatische buddhistische Zentrum erhalten, sondern auch in den mitfahrenden Baikal-Amazonen sowie Slava und seinem Sohn Roman neue, gute Freunde gefunden. Waehrend einige der Amazonen die 30 Kilometer zum Kloster in den Jeeps bei Matthias und Evgeny mitfuhren und darueber sehr gluecklich waren, haben wir eher von dem Rundgang durch das Klosterareal in der aufgehenden Sonne profitiert. Vermutlich hat jeder Einzelne aus dem Expeditionsteam einige der vielen Gebetstrommeln auf dieser Runde dafuer genutzt, fuer das Gelingen der Expedition, unfallfreie Fahrt, gutes Durchkommen oder aehnlich hilfreiche Aspekte zu bitten. Darueber hinaus wurden wir von einem der Lamas ueber die Geschichte des Klosters und der Lamaschule informiert. Dieser fruehe Sonntagsausflug hatte sich auf ganzer Linie gelohnt!

    Zurueck am Hotel hatte Swetlana, die Chefin der Baikal-Amazonen, kurzfristig ein TV-Team herantelefoniert, so dass wir durch die Interviews von Matthias und Evgeny fast die ausgefallene Pressekonferenz vom Vortag wettmachen konnten. Von dort aus ging es dann zu einem abschliessenden gemeinsamen Mittagessen. Denn nach unseren Erzaehlungen vom Tag an der Grenze, den wir am Tag zuvor ohne warme Mittagsmahlzeit verbracht hatten, wollten uns die Freunde aus Ulan-Ude auf jeden Fall gut gewappnet auf unseren Weg nach Jakutsk entlassen. Und als ob diese Herzlichkeit, das interessante Programm, die Geschenke – am Vorabend gab es buriatischen Balsam, eine Art Kraeuterlikoer – und die froehlichen Gespraeche im Drei-Sprachen-Mix, kurz die ganze Gastfreundschaft, die uns in den vergangenen 20 Stunden entgegen gebracht wurde, nicht genug gewesen waeren, erhielten wir zum Abschied einen Kontakt fuer unsere Unterbringung in Jakutsk.

    Diese Begegnung hat allen ganz besonders viel Freude bereitet. Wir hoffen, dass wir uns eines Tages fuer die Gastfreundschaft revangieren koennen. Den Kontakt zu den engagierten, interessanten Offroad-Fahrerinnen aus dem Club der Baikal-Amazonen werden wir auf jeden Fall aufrecht erhalten und ihre Aktivitaeten weiterhin verfolgen. Karl Bauer aus Moskau und Slava in Ulan-Ude danken wir ganz besonders herzlich fuer die Vorbereitung unseres Aufenthalts und die perfekte Betreuung in Ulan-Ude.

    Nach dieser schoenen Begegnung und dem erfolgreichen Tempel-Ausflug waren wir fuer die lange Tour nach Jakutsk bestens geruestet. Unser erster Orientierungspunkt unterwegs war die Stadt Chita in etwa 800 Kilometer Entfernung. Die haben wir etwa 24 Stunden nach Abfahrt aus Ulan-Ude erreicht - und direkt mal genutzt, um uns hemmungslos u verfahren. Nachdem wir in einem Hinterhof feststeckten, kam uns die oertliche Polizei zur Abwechslung sehr gelegen: Mit der Hilfe ausgesprochen freundlicher Polizisten sind wir mit Blaulicht aus unserer Sackgasse herausgelotst und an den Stadtrand eskortiert worden. Hier haben wir unsere Fahrt wieder aufgenommen, kommen aber auf den zum Teil schwierigen, sehr holprigen Strecken nicht schnell voran. Wir sind gespannt, wie lange wir fuer unsere Fahrt nach Jakutsk insgesamt brauchen werden. Fest steht: Die Nachrichten ueber die minus 68 Grad, die derzeit in Jakutsk herrschen, scheinen wahr zu sein. Die Aussentemperaturen werden kaelter und kaelter. Den Tiefstwert unserer digitalen Thermometer mit minus 39 Grad haben wir laengst unterboten - aktuell zeigen unsere provisorischen Aussenfuehler eine Temperatur von minus 46 Grad. Brrr...

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