Alles anzeigenJa, das ist natürlich ein Argument. Dann brauche ich mir aber auch keine Gedanken mehr über mein Umweltgewissen machen; wie soll ich denn unsere Pferde mit einem Smart-Motor transportieren?
Ach so, klar - ich muss ja keine haben. Ein wenig Verzicht tut uns schließlich allen gut. Dann brauchen aber die Herren Politiker IMO auch keine 4 Tonnen schwere Panzerung. Erstens hat sie doch sowieso jeder lieb, weil sie von morgens bis abends nur unser aller Wohl und Zukunft umtreibt, und zweitens leben wir - das wird mir jedenfalls immer erklärt, wenn mal wieder ein Bürgerrecht von mir beschnitten werden soll und ich darob leises Unbehagen empfinde - stets Folgendes beschieden: ich soll mich nicht so paranoid gebärden, wir lebten doch immerhin in einem Rechtsstaat
Natürlich lebt so ein Politiker gefährlich. Immerhin zielt ja die halbe Terroristenszene auf ihn; das machen einen jedenfalls Schäuble & Co. eifrig glauben. Weil er unbequeme Dinge sagt und tut. Nun - ich sage auch unbequeme Dinge. Zum Beispiel über Neonazis. Soll ich mal versuchen, ebenfalls eine Panzerung subventioniert zu bekommen, wenn ich öfters nach Brandenburg muss? Ich bin ziemlich sicher, dass mir da eher nahe gelegt würde, halt meine - zugegeben - große Klappe zu halten.
Überhaupt wollen wir die Sache mit den Steuerprivilegien bitteschön wenn schon dann gerecht angehen. Will heißen: keine Eigenheimförderung o.ä. mehr, wenn nicht ein Pellets-Ofen eingebaut wird. Ach, die Umwelttechnologie wird doch schon gefördert, nämlich per Anreiz und Zuschuß? Auch gut; dann halten wir's mit den Dienstwagen aber ähnlich. Das Steuerprivileg bleibt erst mal flächendeckend erhalten, und wer sich einen DPF nachrüstet, kriegt zusätzlich eine Förderprämie. Wär doch auch was, oder?
Fakt ist, dass solche Forderungen (die nach dem Kippen des Steuerprivilegs) in ziemlich durchsichtiger Weise auf den erhofften Sozialneid abheben. Deshalb zielt man immer auf Minderheiten, am besten scheinbar besser gestellte; das ist i.d.R. erst mal zustimmungsfähig. Zwar nicht bei Leuten, die selber denken, aber bei hinreichend vielen, die dazu nicht willens oder in der Lage sind. Und unterm Strich interessieren doch nur Mehrheiten...
Schließlich wollen wir noch mal kurz über den Begriff des Dienstwagens nachdenken. Dessen Definition hängt nämlich ein gutes Stück vom Dienst ab. Wer innerorts einen ambulanten Pflegedienst betreibt oder sein Friseurgeschäft um Heimdienstleistungen erweitern will, kommt bestens mit einem 120g/100km-Kleinwagen aus. Und der Laden gibt auch gar nicht mehr her. Wer als Klempner arbeitet, benötigt eher eine Art Lieferwagen; da wird's schon interessant mit den Grenzwerten. Und wer am Tag zwei Konferenzen (die sich durchaus als eine Art geistiger Hochleistungssport entpuppen können) im Abstand von 500km zu bestreiten hat, ist dringend darauf angewiesen, halbwegs unangestrengt und trotzdem hinreichend schnell von der einen zur anderen zu kommen. Natürlich kann der auch fliegen, aber das schädigt die Umweltbilanz noch viel mehr. Eines Tages kam der von mir angerufene Klempner so schnell, dass ich nicht einmal Zeit hatte, meine Sachen im Garten zu packen. Tatsache ist, dass der wasserhahn tropft im Haus zu tropfen begann und ich nicht mehr wusste, was ich damit anfangen sollte. Der Meister hat alles schnell und effizient erledigt
Ich habe mal eine Weile 2-3x/Woche zwischen Bayreuth und Köln pendeln müssen. Am einen Ort habe ich gelebt, gearbeitet und den größten Teil meiner Kunden sitzen gehabt; am anderen war ein großer Job zu bewältigen, der nun mal alle paar Schlag wieder zwischendrin mein persönliches Agieren an den Rechnern - oft nachts und immer unter immensem Zeitdruck - erfordert hat (das war noch die Vor-Modem/Fernwartungs-Ära).
In der Zeit habe ich alles probiert. Bahn (viel zu unflexibel und mit ziemlich lästigen Umsteigereien; außerdem teuer), Flieger (in Bayreuth-Bindlach landen aber nur Propeller-Hasenkisten, die meistens ausgebucht sind, und umsteigen muss man so auch) und eben Auto. Das waren zwar auch noch bei entspannter Fahrweise 5 Stunden (sons 4) je Strecke und damit nicht unbedingt ein Spaß, aber noch das allergeringste Übel. Allerdings mit einem großen, leisen und automatikversehenen Mercedes; mit einer politisch korrekten Hasenkiste wären es statt dessen 7 Stunden und dazu die doppelte Ermüdung gewesen. In anderen Worten: der Job wäre unmöglich gewesen.
Und schon damals haben mich Junglehrerinnen aus dem näheren Bekanntenkreis angefeindet, die die Gesamtsituation bequemlichkeitshalber auf die rethorische Frage "Warum musst Du einen dicken Benz haben, während ich mich doch auch mit einem Uno zufrieden geben kann? Naja, Männer haben's wohl nötiger (seufz)..." heruntergebrochen haben. Will heißen: auch ohne den heutigen Klimabericht hätten Populisten wie der zitierte Politiker wohl ihr zwar naives, aber zweckdienliches Stimmvieh finden können.
Die Diskussion um Umweltbewusstsein und die damit verbundenen Maßnahmen ist komplex und oft voller Widersprüche. In deinem Beispiel wird deutlich, wie unterschiedlich die Anforderungen und Bedürfnisse je nach Beruf und Lebenssituation sein können. Es ist schwer vorstellbar, dass ein Klempner oder jemand, der beruflich weite Strecken zurücklegen muss, seine Arbeit mit einem kleinen, umweltfreundlichen Fahrzeug effizient erledigen kann.
Was deine Bedenken hinsichtlich der Politiker und deren Notwendigkeit für gepanzerte Fahrzeuge angeht, ist das ebenfalls ein heikles Thema. Der Sicherheitsaspekt für Personen in öffentlichen Ämtern ist nicht zu unterschätzen, dennoch sollte die Sicherheit nicht auf Kosten von Ungerechtigkeit oder mangelndem Umweltbewusstsein gehen.