Tag 3:
Der Einstieg zum Col de Tende beginnt auf der französischen Seite kurz vor dem Tende-Tunnel. Es folgen 48 Schotter-Serpentinen bis zur Bergstation. Erst denkt man, die Kurven hören überhaupt nicht mehr auf, dann ist man aber doch ziemlich schnell oben. An der Bergstation mit mehreren Forts ist es dann ziemlich voll. Erstens ist es Wochenende und zweitens ist die Zufahrt zum Col de Tende von der italienischen Seite asphaltiert, so dass jeder mit 2 oder 4 Rädern hier problemlos hochkommt.
Oben angekommen stellen wir erstmal den Touareg ab und erkunden die Umgebung zu Fuß. Sehr spannend ist ein Bunker zur linken auf einem kleinen Hügel. Neben zwei kleineren Räumen mit Schießscharten gibt es eine Treppe, die scheinbar endlos steil nach unten geht und das ohne jegliches Geländer. Ich hab zwar die kleine Touareg-Taschenlampe dabei, aber nachdem ich ca. 6 Treppen abwärts gelaufen bin wird mir der Gedanke, dass diese Lampe gerade jetzt den Geist aufgeben könnte, etwas unheimlich. Also geht's erstmal wieder zurück zum Auto noch eine weitere Taschenlampe holen. Dann machen wir einen neuen Anlauf. Nach ca. einem Dutzend Treppen-Absätzen gelangt man schließlich in eine große Höhle, deren Ende man im Licht der Taschenlampe gerade so erahnen kann. Durch langsames vortasten erreichen wir schließlich einen engen Gang, der ca. 45° steil nach unten führt. Der Boden besteht aus rutschiger Erde und ein Ende ist beim besten Willen nicht zu erkennen. Trotz eines etwas mulmigen Gefühls überwiegt die Abenteuerlust und wir beginnen den Abstieg. Mit beiden Händen stützen wir uns rechts und links an den Wänden ab und gehen vorsichtig Schritt für Schritt abwärts. Der Gang nimmt einfach kein Ende. Ich habe das Gefühl wir laufen hier zum Mittelpunkt der Erde. Der Gedanke "wie weit würde man wohl abwärts rutschen, wenn man jetzt den Halt verlieren würde" lässt sich dabei nicht so ganz aus dem Kopf verdrängen. Schließlich gibt es aber doch ein Ende und wir kommen interessanter Weise auf der anderen Seite des Bergrückens wieder ans Tageslicht. Weils so spannend war und da wir ja nun wissen, dass der Weg doch nicht zum Mittelpunkt der Erde führt nehmen wir zurück zum Auto wieder den gleichen Weg. Beim 2. mal kommt er mir auch schon viel kürzer vor. Man gewöhnt sich halt an alles.
Wieder am Touareg angekommen nehmen wir bei km 8,3 den Abzweig zur Ligurischen Grenzkammstraße. Im Gegensatz zu der Einschätzung im Offroad-Führer finde ich den ersten Abschnitt dieser Kammstraße (ca. km 5 bis km 20 ab dem Colle de Tende) am schwersten. Die Piste ist extrem eng. Auf der einen Seite sind entweder senkrechte Felswände oder aber sehr große Steinblöcke und auf der anderen Seite befindet sich entweder ein fast senkrecht abfallender Abgrund ohne jegliche Begrenzung oder es gibt halbmeterhohe Grenzsteine an denen man sich die Türen zerbeulen kann. Die Durchfahrten sind zumeist nur minimal breiter als der Touareg. Ich komme jedoch ohne Kratzer durch indem ich einfach sehr langsam fahre und mich an den Engstellen von meinem Beifahrer einweisen lasse.
Der Schotter ist auf der ganzen Tour sehr grob und es gibt viele Bodenwellen. Mit dem Touareg jedoch kein Problem. Im Off-Road-Level der Luftfeder komme ich überall ohne aufzusetzen durch.
Im nächsten Abschnitt der Tour haben wir vor allem mit Orientierungsschwierigkeiten zu kämpfen. Die Beschreibung im Offroad-Führer erweist sich dabei leider als wenig hilfreich.
Am ehesten kommen wir noch mit der Karte im Denzel weiter. Erschwerend kommt jedoch hinzu, dass immer dichterer Nebel aufzieht und es auf dieser Strecke alle paar km irgendeinen Abzweig gibt der in irgendein Tal nach Frankreich oder Italien führt. Für die Ligurische würde ich daher einen Satz Topografische Karten empfehlen, bei den anderen Touren kann man dagegen gut darauf verzichten.
Jedenfalls landen wir plötzlich und unfreiwillig an der Jesus-Statue am Monte Sacarello. Dies hat einen guten und einen schlechten Aspekt: 1. wissen wir, dass wir definitiv falsch gefahren sind und 2. wissen wir jetzt wenigstens genau wo wir sind und können daher von hier aus problemlos den richtigen Weg finden.
Beachten sollte man auch, dass die Routenbeschreibung im Gerstl/Leeb nicht identisch ist mit der Beschreibung im Offroad-Führer sondern eine Alternativroute nach La Brigue beschreibt.
Einige Kilometer später machen wir dann erstmal Mittagspause (allerdings ist es jetzt schon später Nachmittag). Es gibt nochmal Spaghetti mit Pesto.
Auf den letzten Kilometern gibt es dann noch ein sehr ausgefahrenes schlammiges Steilstück durch den Wald, das aber ohne Probleme gemeistert wird.
Im Offroad-Führer steht, dass sich der zweite Teil der Ligurischen "in sehr desolatem Zustand befindet, ein hohes Maß an Fahrkönnen voraussetzt und dem Geländewagen viel abverlangt". Das kann ich so nicht bestätigen, ich finde den ersten Abschnitt insgesamt anspruchvoller.
Am Ende der Tour bin ich ganz schön geschafft. Die Tour ist sehr sehr lang, ca. 90 km. Dass bedeutet, das man sich ca. 8-9 Stunden voll konzentrieren muss. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen war es ein absolut toller Tag. Für mich ist die Ligurische zusammen mit dem Jafferau das absolute Highlight in den Westalpen.
Nach der Tour fahren wir nach Sospel zu dem von Stuempf ursprünglich als Treffpunkt vorgeschlagenen Campingplatz. Die Stadt Sospel ist absolut klasse: tolle Gebäude, ein kleiner Fluss der mitten durch die Stadt fließt, mit alten Steinbrücken, ein sehr netter Dorfplatz, mehrere nette Restaurants und eine geniale Konditorei. Außerdem gibt es gerade ein Käfer- und T1/T2-Treffen in Sospel. Ca. ein Dutzend coole Fahrzeuge mit den abgefahrensten Hupen, Surfbrettern auf dem Dach und fetten Motoren im Heck cruisen durch das Dorf.
In Sospel könnte ich durchaus mal ein paar Tage verbringen.
Fortsetzung folgt...