XWORLD Etappe 5
Tourbericht:
Die ehemalige Inka-Hauptstadt Cusco war Anfangs- und Zielpunkt der fünften XWORLD-Etappe. Von Andenpässen in schwindelerregender Höhe, vertrauensvollen Peruanern, zwielichtigen Straßenwächtern und einem Besuch der „schwimmenden Inseln“ im Titicacasee berichtet ein Teilnehmer. Als Bonus gibt es ein Rezept zur Zubereitung des peruanischen Getränks Pisco Sour.
27.08.2011 KM 0, Cusco
Als Fransisco Pizarro im 16. Jahrhundert an der Nordküste Perus landete, um die Andenregion im Namen der Kirche und der spanischen Krone zu erobern, hatte die Region schon einen wahnsinnigen Aufstieg und Verfall erlebt. Die Eroberung der Region veränderte aber das Land und das Leben der Menschen nochmals komplett. Am besten kann man das in Perus Touristenhochburg Cusco auf 3.326 Meter beobachten. Cusco gilt als Ausgangspunkt für Macchu Picchu und unzähligen anderen, alten Inka-Ruinen und bietet zum anderen alte Kathedralen, welche die spanischen Eroberer auf den zerstörten Ruinen der Inkas errichteten.
Für uns beginnt das Abenteuer mit dem Anflug auf den Flughafen von Cusco. Beim Blick aus dem doch sehr kleinen Fenster des Flugzeuges erkennen wir, bei strahlendem Wetter, nur Berge. Die ersten Schritte auf dieser Höhe zeigen einem deutlich die Grenzen auf, so dass wir alle unser Großstadttempo auf ein Drittel reduzieren müssen. Mit dem Taxi geht es recht zügig in die Innenstadt, dabei haben wir den Verdacht, dass je kleiner das Taxi ist, desto besser der Fahrer. Die engen Gassen in der Innenstadt verlangen ein Höchstmass an Präzision, an denen manch anderer im Ansatz schon Scheitern würde. Wenig später sind wir am Hotel. Keuchend von der dünnen Höhenluft checken wir ein. Der 20 Stunden Flug fordert seinen Tribut, so dass wir uns erst einmal schlafen legen.
Am Abend treffen wir uns alle wieder und das erste Briefing der Reise zeigt deutlich, dass unsere Strecke knallhart kalkuliert ist. In der Regenzeit gelten manche Streckenabschnitte als unpassierbar und bedeuten hunderte Kilometer Umweg, wenn es denn einen gibt. Schwindelerregende Passstraßen mit über 4.000 Meter Höhe werden uns die nächsten Tage begleiten. Peruanische Trucker berichten uns von Streckenabschnitten die nur 200 km lang sein sollten, aber trotzdem 20 Stunden Fahrzeit in Anspruch nehmen. Nichts desto trotz sind wir guten Mutes und genießen das erste peruanische Abendessen (mit Meerschweinchen) und mit Pisco Sour am Plaza Regocijo.
28.08.2011 KM 0, Macchu Picchu
Der frühe Vogel fängt den Wurm. Das heißt für uns: 6:40 Uhr Abfahrt zum Bahnhof nach Poroy, um mit der Schmalspurbahn durch das heilige Tal bis nach Macchu Picchu zu fahren. Die steilen Schluchten und hohen Berge entlang der Bahnstrecke faszinieren und beeindrucken uns. Wir finden, das ist ein guter Einstieg, um Peru kennenzulernen.
Durch den 100 jährigen Geburtstag der Entdeckung von Macchu Picchu durch Hiram Bingham, sind wir nicht alleine an diesem erhabenen und geheimnisvollen Ort. Nichts desto trotz lauschen wir gespannt den Erzählungen und Erklärungen unserer Führerin Irene, die uns unerbittlich durch die Ruinen scheucht.
Die Zugfahrt zurück nach Cusco, wird durch die skurrile Tanzeinlage und Modeschau, die die Teilnehmer der Etappe 4 auch schon genossen haben, nicht langweilig. Spät erreichen wir das Hotel und sind ganz froh, dass das Hotelpersonal in absoluter Weltrekordzeit uns noch ein Abendessen serviert. Erschlagen von dem langen Tag und der Zeitumstellung fallen wir zufrieden und müde ins Bett.
29.08.2011 KM 350, Cusco – Andahuaylas
Früh morgens werden wir abgeholt und mit dem Bus zum Volkswagenhändler von Cusco gebracht. Endlich geht es richtig los, wir verstauen unser Gepäck in den Amaroks, die wie eine Perlekette in einer Reihe stehen. Wir verlassen Cusco in Richtung Westen und erklimmen dabei die ersten Höhenmeter. Wir kommen sehr schleppend voran. Immer wieder werden wir durch unzählige LKW ausgebremst und uns wird schnell klar, dass unser eigentliches Ziel Ayacucho, heute nicht zu erreichen ist. Wir überqueren, die ersten zwei Pässe die jenseits der 4.000 Meter liegen und bezahlen das erste Mal Straßenmaut. Damit hatten wir nicht gerechnet. Die Strecke auf Asphalt ist gut zu fahren, wenn nicht die unzähligen Kurven wären. Als wir Luftlinie 8 km von Abancay sind und die Hoffnung immens groß ist, recht schnell in der Stadt zu sein, werden wir eines besseren belehrt. Für 40 km bis ins Zentrum der Stadt brauchen wir eine geschlagene Stunde. In Abancay biegen wir ab in Richtung Ayacucho. Auf einer gut ausgebauten Schotterpiste geht es bergauf und wieder bergab und wir kommen sehr langsam voran, da die Strecke nicht wie auf der Landkarte eingezeichnet geradeaus führt, sondern gefühlte 1.000 Spitzkehren auf uns warten. Links und rechts der Strecke erstrecken sich über mehrere Kilometer auf über 3.000 Meter Höhe unzählige Kartoffelfelder. Kurz vor Andahuaylas erreichen wir die Asphaltstraße die, so scheint es, erst vor wenigen Tagen fertig gestellt worden ist. Als wir nach 10 Stunden Fahrtzeit die Stadt erreichen, ist die Stadtrundfahrt obligatorisch, wenn auch nicht gewollt. In diesem Fall war das Finden eines geeigneten Hotels doch etwas schwierig, bis sich ein Artgenosse „Amarok Fahrer“ sich unser erbarmte und uns zum besten Hotel der Stadt brachte. Das Hotel hat schon bessere Tage erlebt, trotzdem überzeugt uns ein bewachter Parkplatz und WLAN. Den Abend lassen wir im besten Pollo (Wienerwald) Restaurant der Stadt ausklingen.
30.08.2011, KM 236, Andahuaylas – Ayacucho
Wir starten mit einem spärlichen Frühstück im Hotel, der Stimmung tat dies aber keinen Abbruch. Auf dem Parkplatz sind unsere Fahrzeuge zugeparkt. Der Peruaner, aber nicht ganz dumm, hat seinen Schlüssel stecken lassen, so dass wir kurzer Hand das fremde Fahrzeug selbst fortbewegen können. Die Strecke nach Ayacucho, bleibt wechselhaft. Der erste Teil erlaubt uns die wahnsinnige Geschwindigkeit von 100 km/h, kurz darauf werden wir durch eine Schotterpiste wieder extrem ausgebremst. Belohnt werden wir aber durch eine Lamaherde die unseren Weg auf 4.000 Meter kreuzt. Wir erreichen Ayacucho um 17:00 Uhr und sind froh etwas Zeit in der Stadt zu verbringen. Die auf 2.750 Meter liegende Stadt besticht durch ihre authentische Ursprünglichkeit. Durch das Kopfsteinpflaster in der Innenstadt fühlt man sich 100 Jahre zurückversetzt. Mit mehr als 30 Kirchen in der Stadt, ahnt man wie die Uhren hier ticken. Anders als in anderen Städten haben die Kirchen Öffnungszeiten, so dass wir warten müssen und die Zeit für einen Stadtrundgang nutzen. Tragischer Held des Tages ist ein Hahn, der zu Beginn des Stadtrundgangs stolz und herrschaftlich auf den Dächern stolzierte, um wenig später platt wie ein Plunder, überrollt auf dem Asphalt zu liegen.
In der Kirche San Fransisco de Paula besichtigen wir die wohl außergewöhnlichste und schönste Holzkanzel Perus. Als wir die Kathedrale auf dem Plaza de Armas erreichen, werden wir durch einen Umzug aller Schüler von Ayacucho überrascht. Es ist Ferienbeginn und dieser Tag wird jedes Jahr mit einem riesigen Umzug gefeiert. Ausgelassen wird tanzend und rennend der Plaza de Armas umrundet. Vom Restaurant Via Via schauen wir dem Treiben den ganzen Abend zu und genießen wieder einmal die üppigen Portionen, die uns serviert werden.
31.08.2011 KM 295, Ayacucho – Concepcion
Wir starten wie gewöhnlich um 7:30 Uhr und betanken die Fahrzeuge außerhalb des Ortes. Da wir schon einen Tag durch die unzähligen Serpentinen verloren haben, fragen wir an der Tankstelle drei verschiedene Menschen nach der Fahrzeit von Ayacucho nach Huancayo. Das Ergebnis kann nicht unterschiedlicher sein. Die erste Person spricht von 12 Stunden, die zweite Person von 4 Stunden und die dritte Person von 7 Stunden. Super, wir beschließen nichts darauf zu geben und fahren einfach los. Anfangs kommen wir auf einer gut ausgebauten Straße zügig voran. Die Strecke wird aber immer beschwerlicher und ist nichts für schwache Nerven. Mehr als 200 Kilometer geht es über eine holprige, harte und unbefestigte Straße entlang des Rio Mantaro. Ungesicherte Felsvorsprünge, enge Streckenpassagen die Platz für ein Fahrzeug bieten, lassen einem hin und wieder den Atem stocken. Als ein Sattelschlepper uns entgegen kommt, ist das fahrerische Geschick von jedem Fahrer gefragt – viel mehr als eine Handbreit passte zwischen den Autos nicht mehr und zwischen Fahrzeugfenster und dem schäumenden Fluss unten befand sich nur leerer Raum für den freien Fall. Am Nachmittag erreichen wir eine kleine Ansiedlung von Häusern und sofort schießt uns der Gedanke eines Italo-Western in den Kopf. Wir warten alle nur darauf, dass hinter den Häusern einer dieser fies dreinblickenden Revolverhelden auftaucht. Bei Marsical Caceres, ca. 100 km vor Huancayo erreichen wir die Asphaltstraße.
Heute liegen wir so gut in der Zeit, dass wir beschließen weiter bis nach Concepcion zu fahren um eventuell noch vor Schließung um 18:00 Uhr das Kloster Santa Rosa de Copa zu erreichen. Um 17:00 Uhr erreichen wir das Kloster und dürfen mit der letzten Führung an diesem Tag ins Kloster. Das Kloster wurde im 18. Jahrhundert von den Franziskanern, für die Missionierung des Amazonas errichtet. Absolutes Highlight des Klosters ist die große Bibliothek mit 25.000 Werken, die zum Teil aus dem 15. Jahrhundert stammen. Eines der ausgestellten Bücher ist für uns besonders interessant und wir diskutieren Lebhaft um den Wahrheitsgehalt der aufgeführten Informationen. Es handelt sich hierbei um eine Katholische Bibel auf Deutsch aus dem Jahre 1564. Wir alle sind uns nicht ganz sicher ob diese Information stimmt, kommen aber mehr oder weniger zu dem Ergebnis, das es so früh noch keine katholische Bibel auf Deutsch gegeben haben könnte. Trotzdem beschließen wir, unser Ergebnis daheim noch einmal zu überprüfen.
Kaum aus dem Kloster heraus geht die Sonne unter, so dass wir bei Nacht unser Hotel suchen müssen. Wenig später stehen wir vor unserem Hotel, welches einem Tiroler Landhaus ähnelt. Nach gutem zureden bekommen wir Zimmer, müssen aber geschlagene 90 Minuten auf das Abendessen warten. Selbst mit kaltem Bier und Feuer im Kamin war die Zeit etwas lang.
01.09.2011 KM 312, Concepcion – Puerto Bermudez
Eigentlich wollten wir recht zügig aufbrechen, aber die Zubereitung des Frühstücks dauert annähernd solange wie das Abendessen, so dass wir erst gegen 8:00 starten. Wir überqueren zum letzten Mal für die nächsten drei Tage zwei Pässe jenseits der 4.000 Meter. Ab Tarma geht es stetig bergab in das Amazonas Becken. Die Landschaft wechselt unheimlich schnell, vom kargen Hochland ist nichts mehr zu sehen. Es wird immer grüner, Bananen- und Ananasplantagen säumen den Weg. Steile Canyons, Wasserfälle und hohe Berge, für uns eine der reizvollsten Strecken bisher. Die Temperaturen steigen von 9,5 Grad im Hochland auf 36,5 Grad im Tiefland. Zum ersten Mal macht sich die Klimaanlage so richtig bezahlt. In Merced tanken wir die Fahrzeuge und fragen sicherheitshalber noch einmal nach der Wegstrecke und den Fahrzeiten. Wieder bekommen wir unterschiedliche Angaben, trotzdem beschließen wir loszufahren, auch wenn es eine Nachtfahrt werden könnte auf einer staubigen Piste, wir wollen aber keinen weiteren Tag verlieren. Straßenbauarbeiten, die die letzten Schäden von der Regenzeit reparieren, behindern unser Vorankommen. Die Strecke ist jedoch ein Traum und bietet wunderschöne Aussichten in das Amazonasbecken. Die Bauweise der Häuser verändert sich. Waren die Häuser im Hochland aus Lehm oder Stein, so sind die Häuser hier aus Tropenholz und auf Stelzen gebaut. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir Puerto Bermudez. Beeindruckt stellen wir fest, dass wir heute auf 4.000 Meter Höhe gestartet sind und nun bei 300 Meter Höhe angekommen sind.
Puerto Bermudez empfängt uns staubig und mit hoher Luftfeuchtigkeit, die Auswahl einer Unterkunft fällt uns nicht schwer, laut Reiseführer gibt es nur eine vernünftige Unterkunft. Die Alberge Humboldt liegt wunderschön gelegen am Fluss Rio Ucayali. Wir werden an der Alberge gebührend empfangen mit der Matthäus Passion aus einem tragbaren CD Spieler. Jesus (das ist kein Witz), ein Auswanderer aus Spanien schafft es in dem mit nur 5 Zimmern ausgestatteten Haus, uns vier Zimmer fertig zu machen, indem er alle anderen Gäste in einen Raum unterbringt. Die Unterkunft besticht durch einen wunderschönen angelegten Garten, einem abgewandelten Mona Lisa Bild und sechs Hängematten. Gemeinschaftsduschen und Toiletten können uns nicht abschrecken weil alles mit sehr viel Liebe eingerichtet ist und genau richtig ist so wie es ist, und weil kaltes Bier im Kühlschrank steht. Da wir Jesus mit unserem Besuch doch etwas überrascht haben und wir nicht noch mehr Unannehmlichkeiten bereiten wollen, zieht es uns in die Stadt. Mit Mopedtaxis sind wir schnell im besten Restaurant und überraschenderweise gibt es nur Hühnchen, allerdings in verschiedenen Varianten. Das ganze Ambiente, Stadt und Restaurant lässt nichts gutes Versprechen, aber was für ein Wunder, wir bekommen das beste gebratene Hühnchen von ganz Peru mit selbstgemachten Pappa Frites serviert. Unglaublich. Wirklich!
02.09.2011, KM 0, Puerto Bermudez
Da wir heute keine Kilometer fressen müssen, beginnen wir den Tag mit Ausschlafen, bis uns „Jesus“ um 8:00 Uhr zum Frühstück aus den Betten holt. Bei Rührei mit Spinat (köstlich übrigens), planen wir den heutigen Tag. Gegen 12:00 Uhr starten wir mit unserer Bootstour auf einem der Zuflüsse des Amazonas, dem Rio Ucayali. Die rege Betriebsamkeit an der Anlegestelle der Boote ist beeindruckend und zeigt deutlich, dass der Güterverkehr ausschließlich über das Wasser erfolgt. Bananen, Getränke, Reis und Gemüse, all dies wird von hier aus in die umliegenden Dörfer, die am Wasser gebaut sind transportiert. Auf schmalen Brettern sitzend tuckern wir drei Stunden lang, in der prallen Sonne, den Fluss entlang. Immer wieder begegnen wir anderen Booten die Personen und Güter transportieren. Nach der Hälfte der Strecke, darf natürlich ein kleiner Ausflug in den Urwald nicht fehlen. Wir besuchen einen dieser Urwaldriesen und kommen uns verdammt klein vor. Die Vorstellung hier im Urwald den Anschluss an die Gruppe zu verlieren, lässt uns erschaudern, so dass wir dicht beieinander bleiben. Geprägt von unzähligen B-Movies, schauen wir permanent in die Bäume und auf den Boden und halten Ausschau nach Schlangen und Vogelspinnen. Aber nichts dergleichen will uns über den Weg laufen, aber das sollte auch gut so sein, da doch der eine oder andere auf Kriegsfuss mit Spinnen steht. Nach Rückkehr von unserem Ausflug in den Urwald, lassen wir uns ein Bad in dem Fluss nicht entgehen, allerdings auch erst, nachdem unser Führer sich wagemutig in die Fluten geworfen hat.
03.09.2011, KM 462, Puerto Bermudez - Huanuco
Da wir immer noch einen Tag hinter dem eigentlichen Reiseverlauf sind, beschließen wir den Streckenverlauf zu verändern. Leider geht das zu Lasten der „Cordillera Blanca“. Wir fahren in Richtung Norden auf der Carreterra Marginal, einer typischen Urwaldpiste, die momentan an allen Ecken und Enden instandgesetzt wird, so dass wir recht mühsam vorankommen. Staub schlucken ist angesagt, zumindest für die hinteren Fahrzeuge. Bei dem kleinen Örtchen „Humboldt“ erreichen wir endlich die Hauptverkehrsstrecke. Die nächsten ca. 250 Kilometer nach Huanuco über Tingo Maria wollen wir zügig zurücklegen, da alle Reiseführer davor warnen, sich länger in dem Drogenanbaugebiet Nummer eins in Peru aufzuhalten. Landschaftlich ist die Strecke sehr reizvoll, da wir wieder in der Hochebene fahren. Dennoch haben wir alle ein komisches Gefühl im Magen. Das Ganze wird noch verstärkt als wir die ersten bewaffneten „Polizisten“ sehen und angehalten werden. Der sogenannten „Touristenaussichtspunktaufseher“ mit Gewehr, gibt uns zu verstehen, er wäre derjenige der hier für Ordnung sorgt. Dankbar geben wir Ihm vier Soles und sind froh, dass wir so günstig davon gekommen sind. Als er jedoch die restlichen Fahrzeuge auch noch um ein paar Soles erleichtern möchte, nehme ich meinen ganzen Mut zusammen und erkläre ihm auf „Klingonisch-spanisch-englisch-deutsch“, das wir alle zusammen gehören, mit Erfolg. Die Frage bleibt aber: Sind wir einem Banditen auf dem Leim gegangen oder war er wirklich ein Offizieller „Touristenaussichtspunktaufseher“? Letztendlich war es uns egal. Die Weiterfahrt und die Asphaltstraße in die Berge und nach Tinga Maria werden zusehends schlechter. Teilweise fehlt ein Teil der Straße, so dass Anna der Überzeugung ist, dass die Banditen die Strasse mit Absicht beschädigen, um Nachts so leichter die Fahrzeuge anhalten und ausrauben zu können. Entweder waren wir zu schnell oder die Banditen hielten gerade Siesta oder es gibt keine Banditen in dieser Region, jedenfalls wurden wir nicht noch einmal angehalten.
Am Abend erreichten wir Huanuco. Das Hotel am Plaza de Armas war schnell gefunden, nur das Parken und die Koordination dorthin verursachten ein wenig Chaos.
04.09.2011, KM 433, Huanuco - Chilca
Start am frühen Morgen und die Hoffnung endlich einmal etwas früher am Hotel anzukommen. So war der Plan. Doch Peru und seine Straßen sollten uns heute wieder einen Strich durch die Rechnung machen. Brav den Verkehrsschildern folgend, biegen wir am Reserva Nacional Junin nach Lima ab. Wir sind begeistert von dem „Nacional Huayllay“ und erklimmen wieder 4.800 Meter und merken sofort dass das Atmen schwerer fällt. Wir fahren an Bergen über 5.500 Meter vorbei, die teilweise mit Schnee bedeckt sind. Leider wird aber zunehmend die Strecke auch wieder schlechter und verwundert fragen wir uns, ist das wirklich die Hauptstrecke nach Lima! Zu 99% sind wir sicher, das wir keine Abzweiggung verpasst haben, aber zum Umkehren ist es zu spät und so fahren wir die landschaftlich wunderschöne aber zähe und Zeit fressende Strecke weiter. Zur besten Rushhour erreichen wir die Vororte von Lima. Der Verkehr nimmt rasant zu und das Fahren im Konvoi wird anstrengender. Zum Glück finden wir die „Panamericana“ die uns in Richtung Süden bringen soll, ohne uns zu verfahren. Trotzdem zeigt uns die Großstadt mit seinen 8,5 Millionen Einwohnern, sein hässliches Gesicht, als Jugendliche versuchen bei fast stehendem Verkehr, mit Steinen bewaffnet, die Seitenfenster von anderen Fahrzeugen einzuschlagen. Glücklicherweise ohne Erfolg. Doch der Schock sitzt tief und so sind wir doch recht froh, als der Verkehr wieder fließend rollt. Eine Übernachtung in Lima fällt aber aufgrund dieses Erlebnisses flach, so dass wir noch ca. 60 km weiter südlich entlang der Panamericana fahren. Da es schon Dunkel ist, nehmen wir nicht einmal den Pazifik war.
Gegen 20 Uhr erreichen wir ein einfaches Hostal in Chilca. Aufgrund unseres leeren Magens und der Umstellung von 4.800 Metern auf Meereshöhe, die beste Übernachtungs-Alternative, wenn auch die Unterkunft nicht gerade mit Charme glänzt. Aber besser als nichts und wir sind weit ab der Großstadt. Bei Hühnchen und Pappa Frites versuchen wir den Abend zu genießen.
05.09.2011, KM 488, Chilca - Nazca
Da die letzten langen Fahrtage, das Essen und die Höhe uns ziemlich zugesetzt haben, sind wir froh, mit der Gewissheit zu reisen, dass die Panamericana entlang des Pazifiks, uns schnell voranbringen wird. Die Tachonadel erklimmt zum ersten Mal 160 km/h, so dass wir endlich eine Chance haben den verlorenen Tag wieder einzuholen. War unsere bisherige Reise landschaftlich geprägt durch hohe Berge, enge Schluchten, abenteuerliche Pisten und durch den Urwald des Amazonas, durchfuhren wir nun die endlose wirkende Weite einer Wüste und stellen dabei fest, das wir bisher, selten so nah beieinander liegende verschiedene Landschaften gefunden habe, wie in Peru. Im „Reserva Nacional de Paracas“ wird uns diese Einzigartigkeit noch mehr bewusst als Meer und Wüste auf spektakuläre Weise aufeinander treffen. In Perus längsten geschützten Küstenstreifen mit Steilwänden und Stränden können wir das erste Mal unsere Füße im Pazifik baden. Wir verlassen die Küste und fahren in das Landesinnere. Als wir Huacachina erreichen ist es Mittag und zum ersten Mal auf der Reise können wir ohne Zeitdruck, eine deutsche Siesta machen. Die hohen Sanddünen rund um die Wüstenoase mit der grünen Lagune, ist mittlerweile zur Partyoase und zum Mekka aller Sandboarder geworden. Da wir nicht mehr die jüngsten sind und das Sandboarden doch kleine Risiken birgt, beschließen wir das sein zu lassen und lieber weiterzufahren.
Wenig später erreichen wir die Nazca – Linien. Bis heute gehen die Meinungen der Linien und deren Funktion auseinander. Ob überdimensionierter astronomischer Kalender, Zeremonialzentrum oder auch Landebahn für Außerirdische, wir sind unterschiedlicher Meinung, besteigen aber trotzdem den Aussichtsturm bei untergehender Sonne. Die über 70 Menschenfiguren und Tiere sind schon beeindruckend!
Wenig später erreichen wir Nazca. Checken in einem Hotel ein, trinken Pisco Sour und diskutieren über die geheimnisvollen Linien.
06.09.2011, KM 708, Nazca - Chivay
Ein langer Fahrtag erwartet uns heute. Entlang der Panamericana und des Pazifiks fahren wir in Richtung Süden, dabei geht die Panamericana entweder direkt am Ufer entlang oder entlang der Steilküste. Immer wieder bieten sich uns fantastische Ausblicke auf den Pazifik. Bei Camana verlassen wir dann endgültig das Meer und erklimmen wieder Höhenmeter um Höhenmeter. Innerhalb von 200 km erreichen wir, unseren absoluten Höhenrekord auf dieser Reise, 4.834 Meter. 25 km weiter erreichen wir unser heutiges Etappenziel Chivay auf 3.700 Meter.
Mit der Höhe kämpfend, sind wir froh dass wir im Hotel zu Abendessen können. Da es ein langer Tag war hat niemand so richtig Lust sehr lange wach zu bleiben. Hinzu kommt das ein Teil der Gruppe morgen früh zum Colca Canyon fahren möchte. Da wir den großen Reisebussen aus dem Weg gehen wollen, bedeutet das Abfahrt um 6:00 Uhr.
07.09.2011, KM 400, Chivay - Puno
Wir starten um 6:00 Uhr. Die ca. 1,5 Stunden andauernde Fahrt in den Colca Canyon beginnt sehr verheißungsvoll – auf Asphalt. Doch sehr bald wird aus der gut ausgebauten Strecke, wieder eine Piste mit viel Staub. Entlang der Strecke sind riesige Terrassenflächen angebaut, welche vor 2000 Jahren aus den Felsen gehauen wurden, um so gegen Wassermangel und Erosion vorzubeugen und Getreide anzubauen. Als wir „La Cruz del Condor“, den höchsten Aussichtpunkt des Canyons erreichen, stellen wir fest, dass wir nicht die einzigen klugen Köpfe waren. Mindestens 30 weitere Personen haben sich schon die besten Plätze gesichert. Die Schlucht mit einer Tiefe von maximal 3.400 Meter und einer Länge von 100 km gehört zu den tiefsten Canyons der Welt und ist Heimat der berühmten Andenkondore. Gebannt schauen wir in die tiefe Schlucht, um den einen oder anderen Kondor zusehen, leider mit nur mäßigem Erfolg. Mit Adleraugen entdecken wir in der tiefen Schlucht zwei Kondore. Wahrscheinlich waren wir zu früh unterwegs, den die wenigen warmen Luftströmungen haben an diesem frühen Morgen wohl nicht ausgereicht, um den 12 Kilo schweren Vogel in die Lüfte zu bewegen. Etwas enttäuscht entschließen wir uns zurück zu fahren, um mit den im Hotel gebliebenen Mitreisenden gemeinsam zu frühstücken.
Die Weiterfahrt nach Puno und zum Titicacasee erfolgt auf einer gut ausgebauten Strecke. Da wir uns alle nicht ganz fit fühlen, sei es durch Magenbeschwerden oder durch die Höhe, ziehen wir es vor, in Puno ins Hotel zu gehen statt zu campen. So richtig glücklich mit der Entscheidung ins Hotel zu gehen, sind zwar nicht alle, aber es ist die beste Entscheidung die wir in dieser Situation fällen konnten. Wahrscheinlich wird es dadurch, eine der wenigen Etappen auf der XWORLD sein, bei der kein Camp innerhalb von 14 Tagen aufgeschlagen wird.
In Puno angekommen, schaffen wir es zweimal an unserem Hotel vorbeizufahren.
Durch Zufall ergattern wir Parkplätze in der Innenstadt, ca. 100 Meter von unserem Hotel entfernt. Beim Abendessen besprechen wir den morgigen Tag, bis ein Großteil der Gruppe sich in die Souvenir Meile begibt.
08.09.2011, KM 387, Puno - Cusco
Nach dem Frühstück, wechseln wir Fortbewegungsmittel und begeben uns in Richtung Hafen, um mit einem Touristenboot auf dem Titicacasee zu den nahe gelegenen „schwimmenden Inseln“ der Uros zufahren. Das Boot scheint sicher, obwohl es, so scheint es zumindest, aus allerlei verschiedenen Einzelteilen zusammengebaut worden ist. Das Steuerrad stammt aus einem Toyota Bus, die Sitze aus einem Reisebus usw.. Da wir aber mit nur maximal 5 Knoten dahintuckern, sind wir guten Mutes. Wenig später erreichen wir die ersten Inseln, die aus Totora Schilf hergestellt worden sind. Je ein Touristenboot steuert eine der 40 Inseln an, das Ganze sieht schon etwas komisch aus und der Gedanke, dass wir einem großen Touristennepp aufgesessen sind, verstärkt sich. Der Ablauf für die Touristen auf den Inseln ist identisch: Geschichte der Uros, Konstruktion der Inseln, anprobieren der landestypischen Tracht und Souvenirverkauf. Zu guter Letzt, wird man mit dem „Mercedes“ der Uros (Doppelrumpfboot mit Plattform) zu der Schilf Werft gefahren (pro Person nochmals 10 Soles, wobei wir nicht gefragt worden sind, ob wir das wollen). Dort angekommen schwindet die letzte Illusion. Die Doppelrumpfboote werden nicht wie angenommen, komplett aus Schilf gebaut, sondern jeder Rumpf besteht aus einem Ganzkörperkondom, gefüllt mit Coca-Cola Plastikflaschen, die als Auftriebskörper fungieren. Ummantelt wird das ganze letztendlich dann mit Schilf, so dass das ganze seinen persönlichen Uros Charakter bekommt. Nichts desto trotz, ist die Konstruktion der „schwimmenden Inseln“ schon sehr beeindruckend, wenn auch das ganze mittlerweile einem „Freilichtmuseum“ gleicht und niemand mehr ganzjährig auf den Inseln sein Leben dort verbringt.
Zurück auf dem Festland, starten wir mit den letzten Kilometern unserer Reise. Die ca. 380 km nach Cusco ziehen sich allerdings, so dass wir schließlich gegen Abend in Cusco ankommen. Schnell sind die Autos bei dem örtlichen VW Händler abgegeben und per Taxi geht es in unser Hotel in der Innenstadt. Mit Pisco Sour beschließen wir eine Rundreise die manche Überraschung für uns bereit gehalten hat.
Anbei noch ein paar nützliche Informationen:
Pisco Sour: Der als „Wunder der Wüste“ gepriesene Pisco ist Perus Nationalgetränk. Der aus Traubenmost zubereitete Pisco ist ein klarer Weinbrand der pur und eisgekühlt getrunken werden kann. Die bevorzugte Variante ist allerdings Pisco Sour. Dieser besteht aus drei Teilen Pisco und je einem Teil Limettensaft, Zuckersirup und Eiweiß, hinzu kommen Eiswürfel und – zum Schluss – ein Spritzer Angostura Bitter. Das ganze kräftig schütteln und servieren.
Reisedaten:
Reifenpannen: 2 (jeweils 5 cm große Nägel)
Maximal Höhe: 4.834 Meter
Minimal Höhe: 0 Meter
Insgesamt Höhenmeter: 48.645 Meter
Kilometer Gesamt: 3.721 Kilometer