Rein theoretisch hat er nicht ganz unrecht.
Der ABS-Regelvorgang ist ein Abbremsen des Rades bis kurz vorm Absturz (=Übergang von der Haft- in die Gleitreibung und schlimmstenfalls Radstillstand) mit anschließendem leichten Drucknachlassen, um sich wieder an die Grenze heranzutasten. Wenn der Regler den Punkt trifft, ist die Amplitude im Bremsdruck dabei minimal. Im schlechtesten Fall gibt es kurze Stillstandsphasen einzelner Räder und das anschließende wieder anlaufen des Rades ist ein heikler Moment, der Zeit kostet. Je nach Reibung und Trägheiten kann es dann sogar passieren, dass ein Rad trotz komplett geöffneter Bremse noch wertvolle Zeit stehen bleibt, bevor es sich langsam wieder dreht.
Wenn man sich das vor Augen hält ist klar, dass Trägheiten am und hinter dem Rad und andere Momenteneinflüsse auf das Rad dem Regler die Arbeit erschweren.
Ideal wäre also ein freies Rad, ohne Antriebswelle, ohne Antrieb. Die Situation für den Regler kann man jetzt stufenweise verschlechtern:
- 4 freie Räder (ideal, aber womit antreiben bzw. vgl. das Fred Feuerstein Mobil)
- Heckantrieb (die kritischere Vorderachse ist noch frei)
- Frontantrieb (immerhin noch eine freie Achse hinten)
- Allradantrieb, Sperren offen (über die Differentiale beeinflussen sich hier schon alle Räder gegenseitig)
- Allradantrieb, Sperren geschlossen (alle Räder starr verbunden, wenn eins steht, stehen alle, ein Regler auf verlorenem Posten)
Dazu kommt jetzt noch das Motorschleppmoment, das starr beim Handschalter mit geschlossener Kupplung bzw. über die hydrodynamische Kupplung beim Automaten auf die Antriebswellen und damit die Räder wirkt. Dabei gibt es zwei Effekte, einmal das Schleppmoment an sich, dass eine Zusatzmoment an angetriebenen Rädern verursacht, und die Massenträgheit die sich um den Beitrags der Antriebswellen und anteilig um den Beitrag von Triebstrang und Motor erhöht.
Wenn ich im Falle einer Vollbremsung auskuppele oder auf N schalte nehme ich den Motor aus diesem Zusammenspiel heraus, reduziere das rotatorische Massenträgheitsmoment und erleichtere damit dem Regler die Arbeit.
Soweit zur Theorie, in der Praxis ist das halb so wild, weil
- der Einfluss des Motorträgheitsmoments nicht so groß ist
- und das Schlupfregelsystem natürlich auch darauf abgestimmt ist, mit geschlossener Kupplung zu funktionieren.
In der Praxis würde ich die folgenden Tipps geben:
- mit Automatik, voll drauftreten und das Auto unter Kontrolle halten und in D bleiben, die Chance einen Fahrfehler beim rumhantieren am Schalthebel ist definitiv größer als der Nutzen
- mit Handschaltung sollte man sich hingegen ruhig angewöhnen bei einer Vollbremsung immer Kupplung und Bremse gleichzeitig zu treten, im ersten Schritt reicht es auch schon zuerst voll auf die Bremse zu treten und anschließend noch die Kupplung zu betätigen, bevor das Auto zum stehen kommt.
Noch Fragen ;-)?