Mensch-Tier-Embryonen

  • Britisches Parlament erlaubt Erzeugung von Mensch-Tier-Embryonen

    Das britische Parlament hat mit großer Mehrheit von 336 Ja-Stimmen zu 176 Nein-Stimmen dem umstrittenen Passus des neuen Human Fertilisation and Embryology Bill zugestimmt, nach dem zu Forschungszwecken Mensch-Tier-Embryonen erzeugt werden dürfen. Auch in der Bevölkerung hatten bei einer Umfrage Anfang April nur 30 Prozent diese Möglichkeit abgelehnt, die besonders von der katholischen Kirche kritisiert und als "monströs" bezeichnet wurde.

    Der Tory-Abgeordnete Edward Leigh hatte einen Gesetzesvorschlag eingebracht, der die Schaffung von hybriden Embryos verboten hätte. Leigh sagte, die Schaffung von Mensch-Tier-Embryonen sei moralisch falsch und medizinisch unnötig. Die katholische Bischhofskonferenz hatte sich zuletzt noch für die Forschung mit adulten Stammzellen als Alternative stark gemacht und dafür Geld gespendet.

    Die britische Labour-Regierung hatte sich bis zuletzt für das Gesetz stark gemacht, das auch dafür sorgen soll, dass Großbritannien in der Stammzellenforschung und beim therapeutischen Klonen führend bleibt. Allerdings hatte die Human Fertilisation and Embryology Authority (HFEA) schon vor der gesetzliche Regelgung zwei Forschergruppen die Genehmigung erteilt, Mensch-Tier-Embryonen zu erzeugen, was auch vor kurzem bereits gelungen ist. Das Parlament hat nun gebilligt, dass Embryos aus entkernten tierischen Eizellen und Zellkernen von menschlichen Zellen zu Forschungszwecken erzeugt werden können. Sie dürfen nicht länger als 14 Tage entwickelt werden, um von ihnen Stammzellen zu gewinnen. Verboten ist, Mensch-Tier-Embryos in den Uterus von Frauen oder von Tieren einzupflanzen.

    Wissenschaftler hatten die Möglichkeit der Erzeugung von Mensch-Tier-Embryonen gefordert, weil menschliche Eizellen knapp sind und die Zerstörung von diesen Embryos, auch wenn nur die Gene der Mitochondrien von der tierischen Eizelle stammen, moralisch auf geringere Bedenken stoßen würde. Erlaubt sind auch andere Möglichkeiten. So können echte Chimären hergestellt werden, in denen eine tierische embryonale Zelle einem menschlichen Embryo hinzugefügt wird. Es können transgene menschliche Embryos erzeugt werden, die ein tierisches Gen oder mehrere besitzen. Und es dürfen hybride Embryos durch Befruchtung einer tierischen Eizelle mit einem menschlichen Spermium oder umgekehrt geschaffen werden.

    Mit einer Mehrheit von 342 zu 163 wurde auch von den Abgeordneten der Passus angenommen, dass Embryos ausgewählt werden können, denen für Geschwister, die an einer genetischen Krankheit leiden, zur Therapie Gewebe (Knochenmark, Blutstammzellen aus der Nabelschnur etc.) entnommen werden könnte. Kritiker sagten, es sei amoralisch, ein Kind einzig zum Vorteil eines anderen Menschen zu erzeugen. Die Befürworter argumentierten, dass sich so Menschenleben retten ließen und dies deswegen eine moralische Pflicht sei.

    Abstimmen müssen die Abgeordneten noch über zwei weitere Passagen. Aufgehoben werden soll die Notwendigkeit, dass es einen Vater für Kinder geben muss, die durch künstliche Befruchtung erzeugt werden. Das würde es etwa auch lesbischen Paaren erlauben, Kinder zu kriegen. Zudem müssen die Parlamentarier über einen Gesetzesvorschlag entscheiden, nach dem das Alter von Embryos für die Abtreibung von 24 auf spätestens 22 Wochen herabgesetzt würde.

    quelle: Florian Rötzer19.05.2008

  • Ein interessantes Thema, das ich auch jenseits religiöser Moralvorstellungen (bin Agnostiker) für sehr schwierig halte. Leider enden Diskussionen darüber meist mit wüsten Beschimpfungen. Eine sachliche Auseinandersetzung ist leider oft nicht möglich.

    Agnostiker oder nicht (ich selbst sehe mich als Atheist), ist doch der allgemeine Trugschluß der, daß Religionen überhaupt eine Basis für ethische Bewertungen bieten. Doch das ist nicht so, sonst würden wir heute noch bereitwillig unsere Kinder opfern, um unseren Glauben zu beweisen.

    Lediglich die ethischen Grundlagen aus der gemeinsamen Vergangenheit bieten hier ansatzweise Grundlagen, wobei allerdings Ausprägungen wie die embryonale Forschung kaum be(/er-)leuchtet wurden. Es ist nunmal ein sehr neues Thema.

    Wenn ich Beiträge wie diesen lese, muß ich zugeben, daß ich nicht weiß, was ich davon halten soll.
    Zum Einen halte ich die Forschung für notwendig und toleriere, daß sich Wissenschaft und Ethik zum Teil gegenseitig ausschließen.
    Andererseits habe ich noch keine Antwort auf die Frage gefunden, wann menschliches Leben beginnt.

    Also ist das Thema nach wie vor zwiespältig für mich...

  • Hallo Zusammen,

    es sieht wohl wieder so aus, als ob der der Mensch wieder Gott spielen möchte :confused: .

    Auch wenn ich die Stammzellenforschung zur Behandlung von bisher unheilbaren Erkrankungen befürworte, wird sich die Natur bei derartigen Experimenten rächen.

    Meiner Meinung nach vermag niemand die Folgen solcher Experimente abzuschätzen. Wir - oder die nächsten Generationen - werden mit den Folgen leben müssen.

    Viele - nachdenkliche - Grüße

    Marco

  • ..Auch wenn ich die Stammzellenforschung zur Behandlung von bisher unheilbaren Erkrankungen befürworte, wird sich die Natur bei derartigen Experimenten rächen.

    Meiner Meinung nach vermag niemand die Folgen solcher Experimente abzuschätzen. Wir - oder die nächsten Generationen - werden mit den Folgen leben müssen.
    ..

    Ohne dass ich nun diese Forschungen als unbedenklich ansehe, aber hat man nicht vor 150 Jahren, als zum ersten Mal die Eisenbahn mit damals ungeahnten Geschwindigkeiten ihre Bahnen zog, ähnliche Bedenken gehabt? Oder zu Beginn der Luftfahrt? Oder als das Zeitalter der Elektrizität begonnen hat?

    Wenn man in der Geschichte zurückblickt wird man immer Entwicklungen sehen, die von Kritikern als der Anfang vom Ende angesehen wurden, bei manchen hat es sich mehr oder weniger bewahrheitet, bei anderen eher nicht. Ich denke nicht, dass jemand schon heute die Risiken einer neuen Technologie (jeder Technologie) richtig einschätzen kann, sollte man aber deshalb die Forschungen einstellen? Sollte das nicht genau der Grund für weitere Forschungen sein?

    Gruß, Frank

  • Ohne dass ich nun diese Forschungen als unbedenklich ansehe, aber hat man nicht vor 150 Jahren, als zum ersten Mal die Eisenbahn mit damals ungeahnten Geschwindigkeiten ihre Bahnen zog, ähnliche Bedenken gehabt? Oder zu Beginn der Luftfahrt? Oder als das Zeitalter der Elektrizität begonnen hat?

    Wenn man in der Geschichte zurückblickt wird man immer Entwicklungen sehen, die von Kritikern als der Anfang vom Ende angesehen wurden, bei manchen hat es sich mehr oder weniger bewahrheitet, bei anderen eher nicht. Ich denke nicht, dass jemand schon heute die Risiken einer neuen Technologie (jeder Technologie) richtig einschätzen kann, sollte man aber deshalb die Forschungen einstellen? Sollte das nicht genau der Grund für weitere Forschungen sein?

    Gruß, Frank



    Leider entwickeln sich nicht alle neuen Technologien zum Vorteil der Anwender (Menschen). Zwar hat sich die (aus unserer Sicht lächerliche) Furcht vor der Wahnsinnsgeschwindigkeit der ersten Züge als unbegründet erwiesen und die Leute sind nicht bei 10km/h einfach gestorben. Andererseits sorgt die "Wunderfaser" Asbest für enorme Folgekosten durch Entsorgung, Gebäuderenovierung usw. Zum Thema "Nano" gibt es fast gar keine Risiko- und Folgenabschätzung aber überall gibt es Produkte, die auf die besonderen physikalischen Eigenschaften dieser Kleinstpartikel setzen.

    Ich bin der Meinung, dass eine kritische Distanz zu neuen Entwicklungen eine solide Basis für Forschung und Diskussion über Einsatzmöglichkeiten ist. Weder das blinde "Verteufeln" noch der Ansatz "Alles Neue ist gut" bringt uns weiter.

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  • Ohne dass ich nun diese Forschungen als unbedenklich ansehe, aber hat man nicht vor 150 Jahren, als zum ersten Mal die Eisenbahn mit damals ungeahnten Geschwindigkeiten ihre Bahnen zog, ähnliche Bedenken gehabt? Oder zu Beginn der Luftfahrt? Oder als das Zeitalter der Elektrizität begonnen hat?

    [...]
    Gruß, Frank

    Hallo Frank,

    das hast Du allerdings recht.
    Aber sollte uns das nicht dazu verleiten, neue Entwicklungen vorbehaltlos anzunehmen.
    So wie damals alle gegen neue Technologien sind, scheinen heute manche Leute ohne Bedenken für neue Techniken zu votieren.

    Meiner Meinung nach haben wir heutzutage die Erkenntnis, daß wir durchaus kritisch sein dürfen (zumindest in einem weiten Rahmen) und dadurch Pro und Contra abwägen dürfen und müssen.

    Speziell Dinge wie Biokraftstoff oder Nanotechnologie müssen besonders kritisch betrachtet werden, da sie ungeahnte Folgen haben können (nicht zwangsläufig, aber das Potential ist vorhanden).

    Unvoreingenommenheit ist ein Luxus, den sich der Mensch noch nie leisten konnte, weder als Gesellschaft noch als Individuum.
    Nicht umsonst stehen uns die Haare zu Berge und fangen unsere Muskeln an zu zittern, wenn wir nachts im Park einen Unbekannten bemerken, der uns zu folgen scheint.
    Dasselbe Prinzip sollte Pate stehen für den Umgang mit Technologie:
    Innovation ja, aber nicht ohne vorher nachzudenken, wo die Reise hin geht...