Interview mit Jutta Kleinschmidt – Im Touareg will die Wüstenkönigin den ersten Dakar-Sieg für VW holen
HANNOVER. Die Zielsetzung ist ganz klar: VW möchte die Rallye Dakar 2006 gewinnen. Dafür schickt der Konzern fünf Race-Touareg II ins 10 000 Kilometer lange Rennen. Ein Auto wird von Jutta Kleinschmidt pilotiert. Sie sprach mit Sportredakteur Reiner Albring über die längste Rallye der Welt.
Frau Kleinschmidt, mit welchen persönlichen Zielen starten Sie am 31. Dezember in die Dakar 2006?
Ich möchte gewinnen. Wir haben drei Jahre darauf hingearbeitet, ein Team und ein Auto aufzubauen. Unserer Meinung nach sind wir so weit, zu siegen. Nach meinem dritten Platz 2005 bleibt auch nicht mehr viel Platz, um sich zu verbessern.
Welche Vorteile bietet der neue Race-Touareg II?
Wir haben die Schwächen des Vorgänger-Modells analysiert und praktisch in allen Bereichen Verbesserungen vorgenommen. Die größten Probleme hatten wir mit dem Fahrwerk, vor allem in unebenem Gelände. Da haben wir beispielsweise den Stoßdämpfer-Hersteller gewechselt. Auch ging uns 2005 in langsameren Passagen Zeit verloren. Mit der Doppelaufladung des Motors besitzen wir jetzt ein breiteren Drehzahlbereich. Das hilft vor allem in den Dünen.
Was kann VW auf dem Weg zum ersten Dakar-Sieg stoppen?
Ganz viel. Das ist aber auch das Schöne an der Rallye. Auf den 10 000 Kilometern warten jede Menge Überraschungen. Zudem schläft die Konkurrenz nicht. Mitsubishi zum Beispiel hat auch ein neues Auto aufgebaut. BMW startet mit dem X3, mit dem wir uns noch nicht gemessen haben. Zudem glaube ich, dass die Hecktriebler wie zum Beispiel die Schlesser-Renaults vom Reglement her erhebliche Vorteile verbuchen können. Aber ich denke, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.
Sie haben die Dakar bereits gewonnen. Ist der daraus resultierende Beiname Wüstenkönigin eher belastend oder eher motivierend?
Weder noch. Ich mache mir keine Gedanken darüber und fasse die Titulierung als Kompliment auf.
Was fasziniert Sie so an Wüsten-Rennen?
Diese Art von Rennen ist eine Riesen-Herausforderung, die man sonst nirgendwo mehr hat. Ich bin abenteuerlustig, liebe es, wenn ich mich jedesmal auf Situationen einstellen muss. Das Unbekannte reizt mich. Ferner kann sich niemand vorstellen, was die Autos aushalten müssen. Ich achte nicht auf das Material. Unsere Grenzen sind die eigenen Fähigkeiten.
Welche Situation war für Sie am bedrohlichsten?
Ich habe keine bedrohlichen Situationen erlebt. Natürlich bin ich immer mal wieder zu schnell, aber die gefährlichste Zeit war auf dem Motorrad. Wenn es tödliche Unfälle gab, dann zumeist mit Motorradfahrern, weil die überhaupt nicht geschützt sind. Die einzige Angst, die ich habe, ist die, dass mein Auto kaputt geht. Der normale Straßenverkehr ist genauso gefährlich wie die Rallye.
Auf welchen Etappen fällt die Entscheidung?
Verlieren kann man immer alles. Aber ich denke, die vier Etappen vor Kiffa sind die wichtigsten. Sie sind alle in Mauretanien und beinhalten alles, was die Rallye ausmacht. Danach folgen eigentlich nur Positionshalte-Etappen. Die ersten drei Etappen nach dem Start in Lissabon müssen ohne Fehler absolviert werden. Dann wird es schon etwas heftiger, und vor allem die Belastbarkeit des Fahrzeugs steht auf dem Prüfstand.
Bekommen die Fahrer überhaupt etwas von Land und Leuten mit?
Wir bekommen relativ viel mit. Im Biwak oder auf den langsamen Verbindungsetappen haben wir Kontakt zur Bevölkerung. Während einiger Verbindungsetappen machen wir auch schon mal einen Halt, um in einer Bar eine Cola zu trinken.
Wie erledigen die Piloten denn ihre menschlichen Bedürfnisse während der Wertungsprüfungen?
Ich gehe vor dem Start auf die Toilette und dann nicht mehr. Ich regele das mit der Trinkmenge. Wieviel ich trinken kann, merke ich selber. Ich habe auch schon eine 14-stündige Etappe ohne Pause geschafft.
Was vermissen Sie denn in der Wüste am meisten?
Mein eigenes Bett und meine Badewanne.
Wenn Sie vor dem Start der Dakar einen Wunsch frei hätten, wie würde dieser lauten?
Dass ich gewinne.