Angesichts der schlechten Zahlen blieb Volkswagen-Chef Pischetsrieder auf der Hauptversammlung nur die Vorwärtsverteidigung. Er beschönigte nichts. Das die Aktionäre trotzdem nicht auf die Barrikaden gingen lag vor allem daran, das Pischetsrieder zugleich sein Programm gegen die Misere vorstellte.
VW-Chef Pischetsrieder vor der Aktionärsversammlung: Kein Eigenlob
Hamburg - Sonntagsreden sind nicht die Sache von Bernd Pischetsrieder. Das erste Quartal werde "miserabel" ausfallen, selbst wenn man es nur im Vergleich zum Ergebnis des Vorjahres betrachte, sagte er auf der Hauptversammlung im Congress Centrum Hamburg. Das war wirklich kein Eigenlob, denn 2003 war der Gewinn bereits drastisch eingebrochen.
Dass der Entrüstungssturm der Aktionäre trotzdem nicht losbrach, lag vielleicht daran, dass Pischetsrieder mit gleicher Klarheit seine Pläne darlegte, wie der Misere abzuhelfen ist. Das Sparpaket unter dem klangvollen Namen "ForMotion" gehört dazu, kein Sanierungsprogramm, wie Pischetsrieder betont, schließlich befinde sich der Konzern noch nicht in der Krise.
Sieben Kapitel beinhalte das Paket, zu denen etwa eine bessere Marktausschöpfung gehöre und die Senkung der Produktionskosten, sagte Pischetsrieder. Jeder Manager im Konzern sei aufgerufen "sparsam zu wirtschaften". Zwei Milliarden Euro soll "ForMotion" bis Ende 2005 einbringen, ohne Abstriche, lediglich durch Einsparung des Überflüssigen.
Doch bei dieser eher buchhalterischen Maßnahme lässt es der Volkswagen-Mann nicht bewenden. Viel wichtiger - weil es der langfristigen strategischen Ausrichtung dient - ist die Übernahme der niederländischen LeasePlan. Das Unternehmen ist im Flottenmanagement aktiv und in diesem Segment einer der ganz Großen. Mit 1,2 Millionen Fahrzeugen und einer Bilanzsumme in Höhe von 10,8 Milliarden Euro besetzt es weltweit Platz fünf.
VW Phaeton: Teurer Ladenhüter, beliebt bei den Arabern
LeasePlan verwalte zwar auch andere Autos als solche aus dem VW-Konzern, räumte Pischetsrieder ein. Doch neben der Erfahrung, die das Unternehmen im Flottenmanagement mitbringe, könne Volkswagen auch von dessen Know-how im Versicherungs- und Gebrauchtwagengeschäft profitieren. "Volkswagen vollzieht damit einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zum globalen Mobilitätskonzern", warb Pischetsrieder.
Der eigentliche Clou dieses Geschäfts jedoch erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Denn als Co-Investoren stehen den Wolfsburgern zwei illustre Unternehmensgruppen zur Seite: Olayan aus Saudi-Arabien und Mubadala aus Abu Dhabi.
Insbesondere den Namen Mubadala wird man sich merken müssen, denn das Unternehmen soll nach den Vorstellungen Pischetsrieders künftig auch als Großaktionär bei VW auftreten. Möglich werden soll dies auf dem Weg eines Tauschgeschäfts: Die Emire kaufen LeasePlan für rund zwei Milliarden Euro, teilen 50 Prozent davon unter sich auf und reichen den Rest an VW weiter. Die Wolfsburger wiederum begleichen ihren Part mit VW-Aktien im Wert von einer Milliarde Euro - wenn der Aufsichtsrat den Plänen zustimmt, wäre Mubadala mit einem 6,5-Prozent-Paket neuer Großaktionär.
Damit nicht genug: In VW-Kreisen heißt es, dass aber möglicherweise über andere Geschäfte die gesamten zehn Prozent VW-Aktien an Abu Dhabi gehen könnten, die die Wolfsburger in den vergangenen Jahren zurückgekauft hatten. Dieses Paket repräsentiert ein Stimmrechtsanteil von 13 Prozent - die Araber wären der wichtigste Aktionär im Haus, nach dem Land Niedersachsen, dem 18,6 Prozent der Anteile gehören.
Für Volkswagen wöge der Vorteil gleich doppelt: Zunächst müsste für den Ausbau des eigenen Flottengeschäfts kein Cent auf den Tisch gelegt werden, das schont die Bilanz. Zum anderen stünde ein zuverlässiger Partner bereit, falls Brüssel das leidige VW-Gesetz endgültig zu Fall bringen würde (Im Kern ist dort festgelegt, dass niemand mehr als 20 Prozent Stimmgewicht besitzt, auch wenn sein Aktienpaket größer wäre). In einem solchen Fall würde Volkswagen nämlich zum attraktiven Übernahmekandidaten, denn an der Börse wird die VW-Aktie wegen der Begrenzung des Stimmrechts immer ein wenig unter Wert gehandelt.
Vielleicht liefern ja die künftigen arabischen Partner auch einen Grund, warum Pischetsrieder so eisern an dem vielfach kritisierten Engagement im Bereich Luxusautos festhält. Die Emire, so heißt es, seien ganz begeistert vom Phaeton, der sich in Europa und Übersee deutlich schlechter verkauft als erwartet. Und der Luxusgeländewagen Touareg? "Der ist in der Wüste sowieso ein Selbstläufer", sagt ein VW-Mann.
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