Mehrwertsteuer steigt Anfang 2007 wohl auf 19 Prozent
Union und SPD haben sich offenbar auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer verständigt. Wie aus Verhandlungskreisen verlautete, soll die Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 um drei Punkte auf 19 Prozent erhöht werden.
Dies gilt nach Informationen aus der Unionsspitze "als so gut wie sicher". Die Einigung auf die Mehrwertsteuererhöhung teilte die designierte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dem CDU-Vorstand in einer Schaltkonferenz mit, wie die Nachrichtenagentur AP aus Vorstandskreisen erfuhr. Damit wurde auch eine entsprechende Meldung der "Bild"-Zeitung bestätigt.
Die Koalitionsgespräche wurden am späten Donnerstagabend ohne Abschluss unterbrochen und auf Freitag vertagt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen dann die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen werden. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sagte: "Die Verhandlungen sind auf gutem Weg." Es gebe ein klares Signal, dass die Mehrwertsteuer erhöht werde - auch zur Senkung der Lohnnebenkosten.
Mit der Einigung auf eine höhere Mehrwertsteuer war Union und SPD in ihren Koalitionsverhandlungen am Abend ein Durchbruch gelungen. Unklar blieb zunächst, ob die Union dafür die "Reichensteuer" akzeptieren wird. Anzeichen gab es für ein Festhalten am Atomausstieg. Die Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuer sollen teils zur Haushaltssanierung in Bund und Ländern, teils zur Senkung des Arbeitslosenbeitrags verwendet werden. Der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD) sagte, die 40-Prozent-Marke bei den Lohnnebenkosten werde "nach unten durchstoßen".
Streitpunkt Erbschaftssteuer
Die SPD will die Erbschaftsteuer für hohe Erbschaften anheben. Das geht nach Informationen der Financial Times Deutschland aus dem Vorschlagspapier der Koalitionsarbeitsgruppe Finanzen hervor, das eine der Grundlagen der Schlussverhandlungen von Union und SPD ist. Da die Union den Schritt in der Arbeitsgruppe jedoch abgelehnt hat, ist die Forderung in dem Papier in eckige Klammern gesetzt worden.
Die SPD plane, den Vorschlag wieder in die Schlussverhandlungen einzubringen, wenn sich ergibt, dass Sparmaßnahmen und andere Steuererhöhungen den Finanzbedarf der Koalition nicht decken, hieß es in Kreisen der Partei. Bereits auf dem so genannten Jobgipfel im März hatte die SPD gefordert, Erbschaften oberhalb von 5 Mio. Euro höher zu besteuern als bisher. Zudem will die SPD erreichen, dass Immobilieneigentum höher bewertet wird als bisher.
Viele Punkte noch offen
Weitere Punkte wie der Kündigungsschutz blieben strittig. Den letzten Feinschliff wird der Koalitionsvertrag möglicherweise erst am Freitag oder in der Nacht zum Samstag erhalten. Am Montag wollen CDU, CSU und SPD auf Parteitagen über das mehr als 100 Seiten umfassende Werk entscheiden.
In einer ganzen Reihe von Fragen hatten sich die Koalitionäre in den vergangenen Wochen geeinigt. Die Mehrwertsteuer zählte zu den letzten strittigen Punkten.
Gegen die von der SPD geforderte "Reichensteuer" gab es weiter Widerstand in der Union. "Das ist ökonomischer Unsinn", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers. Die Steuer treffe den Mittelstand und nütze den Armen gar nichts. Auch der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sagte: "Ich halte davon gar nichts, das ist eine Neidsteuer." Eine leichte Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge sei aber denkbar, sagte Althaus. Der Beitragssatz solle aber unter 20 Prozent bleiben.
Nach der Strukturreform im Gesundheitswesen vertagten Union und SPD auch die Reform der Pflegefinanzierung. Zwar sollten die Leistungen der Versicherung ausgeweitet werden, hieß es aus Kreisen der Unterhändler. Über die Reform der Finanzierung müsse jedoch weiter verhandelt werden.
Zu einem weiteren Streitthema, der von der Union geforderten Lockerung des Kündigungsschutzes, sagte SPD-Chef Franz Müntefering, das Kapitel sei noch nicht zu Ende diskutiert. So gebe es "noch keine endgültige Fassung" dafür, dass die Probezeit, ab deren Ende der Kündigungsschutz gilt, von derzeit sechs auf 24 Monate angehoben werden solle. Die SPD-Linke Andrea Nahles sagte vor Verhandlungsbeginn, sie erwarte, dass man über die Kündigungsschutz noch einmal reden werde.