So schnell kann das in die Hose gehen....
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Frankfurt/Main (AP) Eigentlich sollte es wohl ein netter Wahlkampfgag sein, den die Union mit dem Song «Angie» von der Rolling Stones bei den Auftritten ihrer Kanzlerkandidatin landen wollte. Doch der Schuss ging nach hinten los: Am Wochenende meldete sich nämlich verschnupft das Management der Rocker zu Wort, das die Verwendung des Stones-Klassikers gar nicht lustig fand.
Man sei «erstaunt», dass die Partei sich keine Erlaubnis für die Verwendung des Songs besorgt habe, zitiert die britische Zeitung «The Observer» am Sonntag einen Sprecher der Band. Wenn man darum gebeten worden wäre, «hätten wir Nein gesagt», fügte er hinzu.
Die CDU ist sich unterdessen keiner Schuld bewusst: Man habe sich über die GEMA, die «Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte» versichert, dass alles in Ordnung sei, zitierte das Blatt einen Sprecher. Am Montag selbst war bei der CDU in Berlin bis zum Nachmittag keine Stellungnahme zu bekommen.
Das Problem ist nur, dass die GEMA in diesem Fall gar nicht zuständig ist. Werde ein Song - wie in diesem Fall «Angie» - an so exponierter Stelle verwendet, sei dies nicht über den Vertrag abgedeckt, den die Partei mit der GEMA für die Musikverwendung bei Wahlkampfauftritten habe, erläuterte GEMA-Sprecherin Elfriede Rossori am Montag auf AP-Anfrage. «Das fällt unter das Urheberpersönlichkeitsrecht und muss mit dem Inhaber der Rechte in Deutschland abgeklärt werden.»
Für «Angie» ist das der Essex-Musikvertrieb, der in Deutschland über die TJ Musikservice GmbH vertreten wird. «Wir wurden vor der Nutzung nicht gefragt», sagt Jens Ehlers von dem Hamburger Musikverlag. Man habe sich nun allerdings mit der CDU in Verbindung gesetzt.
Böse Absicht unterstellt Ehlers des Parteistrategen allerdings nicht: Offensichtlich hätten diese nicht gewusst, dass die Verwendung des Songs nicht über den Vertrag mit der GEMA abgedeckt sei. Dazu, wie genau der Verlag reagieren werde - und ob der Partei mögliche Geld-Nachforderungen ins Haus stehen, wollte er sich zunächst aber nicht äußern. Die CDU werde aber bald Post von Essex bekommen, kündigte er an.
Dabei hat die Partei offenbar schon etwas dazugelernt - allerdings wohl nicht genug. Hatte es doch beim letzten Wahlkampf im Jahr 2002 schon einmal Ärger wegen eines Songs gegeben. Stein des Anstoßes war damals der «Ketchup-Song», den die Partei auf ihrer Internetseite verwendet hatte, um damit eine Abbildung Schröders zu unterlegen, den die Partei in Gestalt der Figur Baron Münchhausens auf einer Kanonenkugel reitend dargestellt hatte, um damit auf nicht erfüllte Steuerversprechungen hinzuweisen. Das wollte der Musikkonzern Sony nicht hinnehmen und beantragte eine einstweilige Verfügung.
Dass Parteien sich bei ihren Wahlkämpfen populärer Songs bedienen ist nicht neu - ebenso wenig wie der Ärger darüber, wenn politische Überzeugung des Künstlers und das Programm der Partei nicht zusammenpassen. So regte sich der britische DJ Fatboy Slim beispielsweise auf, als die britische Labour Partei seinen Song «Right Here Right Now» für den Wahlkampf von Tony Blair benutzte. «Die Nutzung des Songs unterstellt, dass ich Blair unterstütze», empörte sich der Musiker damals. «Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.»
Die Verwendung seines Songs «Praise You» seitens des US-Präsidentschaftskandidaten Al Gore einige Zeit zuvor hatte der DJ deutlich gelassener genommen. Der sei wenigstens Mitglied der Demokraten, meinte er.
Und auch die Band U2, deren Song «Beautiful Day» ebenfalls von Labour verwandt wurde, und Massive Attack, deren «The Man Next Door» von den Konservativen genutzt wurde, zeigten sich in der Vergangenheit über die Benutzung ihrer Songs wenig erfreut. Die Musiker von Massive Attack überlegten sogar, juristisch gegen diesen Schritt vorzugehen.
Fraglich ist allerdings, ob sich die CDU mit der Verwendung von «Angie» wirklich einen Gefallen getan hat. Schaut man sich den Text genauer an, können einem Zweifel kommen: Zwar heißt es da «There ain't a woman that comes close to you» - sinngemäß: Es gibt keine Frau, die Dir das Wasser reichen kann. Aber auch: «All the dreams we held so close, seemed to all go up in smoke» und «Angie, where will it lead us from here» - was so viel heißt wie: «All unsere (...) Träume schienen sich in Luft aufzulösen» - und - «wo wird es für uns von hieraus hingehen».
Juristische Kompetenz hat die CDU mit ihrem musikalischen Fauxpas nicht bewiesen. Allerdings erwies sich Merkel schon einmal großzügig, als sie selbst unfreiwillig in der Werbung des Autovermieters Sixt auftauchte, der mit einer völlig verstrubbelten Merkel für seine Cabrios war. Während der frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine, mit dem ebenfalls geworben wurde, Schadenersatz von 100.000 Euro erstritt, verzichtete Merkel auf eine Klage. Vielleicht erfährt jetzt ja auch die CDU Nachsicht - und es wird nicht wirklich teuer.