Schiltach/Nürnberg (rpo). Kamen früher Kompaktwagen noch auf 14-Zoll-Rädern daher, sind die Durchmesser in den vergangenen Jahren stetig weiter gewachsen. Groß, größer, Riesenrad - so der Trend. Und die Tuner legen meistens noch ein paar Zoll drauf. Doch mit den großen Durchmessern wachsen auch die Probleme.
"Wir haben im vergangenen Jahr zum ersten Mal mehr 20-Zoll-Räder verkauft als 17-Zöller", sagt Albert Rullo vom Rad-Anbieter Antera in Weinheim (Baden-Württemberg). Bei Borbet in Hallenberg-Hesborn (Nordrhein-Westfalen) sieht man ebenfalls einen Trend zu den großen Felgen. Was vor allem an den Vorgaben der Serienfahrzeuge liege: "Viele Fahrzeuge kommen in der Originalausführung ab Werk heute schon mit 18- oder 19-Zoll-Rädern", sagt Vertriebsleiterin Birgit Grebe-Frese. Wer also sein Fahrzeug mit eigens ausgesuchten Rädern aus den Programmen der Zubehöranbieter von der Masse abheben will, muss dann schon fast zwangsläufig zu den 20-Zöllern greifen.
Großer Wagen, große Reifen
Und die Maße wachsen weiter. So hat Art Tuning in Nürnberg gerade mit dem monoART1 ein 20-Zoll-Leichtmetallrad präsentiert, das nicht nur Geländewagen der Marke Mercedes verschönern soll. Der Tuner bietet es auch für den SL-Roadster und die S-Klasse-Limousinen an. Bei den so genannten SUVs wird schon wieder in anderen Größenordnungen gedacht. Laut Grebe-Frese rollen Geländewagen wie Porsche Cayenne oder VW Touareg nicht selten bereits auf 22-Zöllern. "Es geht aber auch in Richtung von 23 Zoll." Art Tuning will Mitte des Jahres 22-Zoll-Räder auch an Limousinen schrauben.
Um welche Größenordnung es sich bei den abstrakten Maßangaben tatsächlich handelt, verdeutlichen Vergleiche: "Eine durchschnittliche Lkw-Felge hat einen Durchmesser von 22,5 Zoll", sagt Klaus Engelhart, Sprecher des Reifenherstellers Continental in Hannover. Joachim Joos, Vertriebsleiter des Felgenherstellers BBS in Schiltach (Baden-Württemberg), beschreibt mit einem weiteren Vergleich, welchen Größenordnungen sich die Felgen nähern: "26 Zoll ist das gebräuchliche Maß für die Räder eines Mountainbikes."
In naher Zukunft könnte das Wachstum jedoch etwas gebremst werden - laut Joachim Joos gibt es immer öfter Beschwerden von Autofahrern über Schäden an den Riesenrädern. "Es ist ein bekanntes Problem, dass manche der großen Räder den Belastungen nicht gewachsen sind", so Joos. Grundsätzlich bedeutet eine zunehmende Größe der Felge, dass der Reifen darauf flacher sein muss, um einen bestimmten Gesamtdurchmesser einhalten zu können. Das platte Gummi kann Schläge von überfahrenen Gegenständen oder Hindernissen schlechter abfedern, Folge sind dann Verformungen bestimmter Bereiche der Felge. "Geringere Verformungen lassen sich noch durch Aus- beziehungsweise Nachwuchten ausgleichen, das kann aber auf Dauer keine Lösung sein."
Laut Joos darf es daher nicht um schieres Größenwachstum gehen. "Man muss auch neue oder bessere Technologien nutzen." Als Beispiel nennt Joos teurere Schmiederäder oder Hohlkammerfelgen, die den Belastungen besser gewachsen sind. Bei der Fertigung von Hohlkammerfelgen wird der Rand des Metalls umgeschlagen. Zwischen den beiden übereinander liegenden Metallschichten befindet sich dann ein Hohlraum. Vorteil ist laut Joos eine sehr hohe Festigkeit bei dünner Wandstärke und geringem Gewicht.
Bei 24 Zoll ist Schluss
Doch auch neue Fertigungstechnologien dürften kein unbegrenztes Wachstum ermöglichen. "Wir erwarten das Ende der Fahnenstange für Fahrzeuge auf dem europäischen Markt bei 24 Zoll", sagt Engelhart. Die in den USA anzutreffenden riesigen Geländewagen werden noch auf Raddurchmesser bis zu 28 Zoll kommen. Noch größere Durchmesser verbietet dann auch der Reifen. "Er ist irgendwann am Ende der Tragfähigkeit angelangt", so Engelhart. Grundsätzlich bedeutet mehr Luft im Reifen mehr Tragfähigkeit. In einen flachen Pneu passt aber weniger Luft, so dass die Autos leichter werden müssten.
Umgekehrt sind mit den Rädern auch die Bremsanlagen gewachsen: "In einigen Fahrzeugen können schon wegen der Größe der Bremsanlagen keine Räder mit Durchmessern unter 18 Zoll mehr eingesetzt werden", erklärt Birgit Grebe-Frese von Borbet.