Kaum jemand braucht sie wirklich, doch alle wollen sie: Luxus-SUV, besonders beliebt als Dreiliter-Diesel. BMW X5 3.0d und VW Touareg V6 TDI im direkten Vergleich
von Gerald Czajka
Beim Geld hört die Freundschaft ja bekanntlich auf. Nicht aber die Liebe zum Automobil. Anders läßt sich der anhaltende Erfolg teurer Edel-SUV kaum erklären. Nicht mal der Wegfall der Gewichtsbesteuerung zum 1. April scheint hier bremsend zu wirken. Zwar blieb der Toyota RAV4 mit 18 348 Zulassungen auch vergangenes Jahr Allrad-König, mit hauchdünnem Abstand kletterten dann aber schon BMW X5 (18 268) und VW Touareg (18 238) aufs Podium. Irgendwas muß also dran sein an den Geländegängern im Gala-Anzug. Was genau, wollen wir mit den Dreiliter-Dieseln klären.
Bei VW füllt ganz frisch der V6 TDI die Lücke zwischen den Selbstzündern R5 und V10 - und das so perfekt, daß VW von diesem Touareg wohl zu Recht fast 50 Prozent Anteil erwartet. Mit einem gutgedämmten Brummeln erwacht der Common-Rail-Diesel morgens zur Arbeit und läßt im Laufe des Tages kaum mehr von sich hören. Laufruhe und Klangkultur des Audi-Aggregats mit Piezo-Technik (Keramikelemente steuern die Einspritzung, ermöglichen so schnellere und kürzere Takte) setzen hier den Maßstab. Beim alles andere als rauhbeinigen X5 3.0d (Anteil gut 90 Prozent!) wird der harte Dieselbeat mitunter etwas lauter, auch wenn unsere Meßgeräte annähernd Gleichstand signalisieren.
Ein totes Rennen deutet sich auch beim Sprint an. Die feinen Unterschiede liegen tatsächlich eher im "wie" und weniger im "wie schnell". Letztere Frage läßt sich bei beiden auf den Punkt bringen: schnell genug. Für solche Dickschiffe allemal. Unter zehn Sekunden auf Tempo 100 und über 200 km/h Spitze - mehr braucht kein Mensch.
Die 225 PS des Wolfsburger Wüstensohns mühen sich dabei anfänglich etwas mehr - obwohl das maximale Drehmoment (beide 500 Nm) schon bei 1750 (X5: 2000) Touren anliegt. Ursache: Die 230 Kilo Mehrgewicht gegenüber dem X5 wollen in Schwung gebracht sein. Von einer echten Anfahrschwäche sind dennoch beide so weit entfernt wie das Touareg-Werk in Bratislava/Slowakei von der X5-Fabrik in Spartanburg/USA.
Die 218 PS des Müncheners hinterlassen den aufgeweckteren, bissigeren Eindruck und verbrauchen trotzdem 0,7 Liter weniger. Nur bei höheren Geschwindigkeiten startet der VW etwas kraftvoller durch.
Zwischenspurts und Überholvorgänge erledigen beide lässig und lustvoll. Mit einem gewaltigen Drehmomentberg im Rücken schieben die schweren Jungs an, als sei Massenträgheit noch nicht erfunden. Perfekt unterstützt werden sie in jedem Fall von ihren Sechsgangautomaten, die blitzschnell und butterweich die passenden Gänge servieren.
Ebenso geschmeidig rollt der VW über Kopfsteinpflaster, Gullydeckel oder eine Kuhweide. Ein echtes Vergnügen, wenn auch ein teures: Die dafür zuständigen Luftfedern mit Höhenverstellung und elektronischer Dämpferkontrolle kosten satte 2900 Euro.
Unser X5 setzt auf klassische Stahlfedern (Luftfederung 1640 Euro) - und auf klassische BMW-Tugenden. Im Klartext: Der fette Freizeit-Kraxler federt sportlich-straff und läßt uns schon mal das Straßen-Profil spüren. Doch dafür begeistert er onroad mit knackigem Handling und fast anstößiger Kurvengier. Für ernsthafte Offroadeinlagen fehlen dem X5 allerdings Untersetzung und Differentialsperre - der Touareg bietet beides und pflügt so deutlich souveräner durchs Gelände.
Auf der Straße erleben wir den VW gemütlicher, aber nicht phlegmatisch. Die Lenkung arbeitet einen Hauch indirekter, und in Kurven wirkt er behäbiger - zu einem schwerfällig durch die Lande schaukelnden Geländedampfer verkommt er aber dennoch nicht.
Das Interieur des VW versprüht angenehme Noblesse. Hier genießen wir Luft und Luxus satt. Gegenüber dem X5 paßt im Touareg immer noch ein Quentchen mehr rein, fühlen sich die Oberflächen noch eine Spur hochwertiger an.
Was sich auf den Preis niederschlägt. Der VW Touareg V6 TDI reicht mit 46 050 Euro bis auf 200 Euro an den BMW X5 3.0d heran, mit Luftfederung ist er sogar 2700 Euro teurer. Da tröstet, daß VW bei den Versicherern günstiger wegkommt, Partikelfilter und Euro 4 ab Werk bietet (X5 ohne Filter, Euro 2) und seit 1. Januar - anders als BMW - Garantie statt Gewährleistung bietet. Fazit: X5 3.0d und Touareg V6 TDI gehören vollkommen zu Recht zu den beliebtesten Modellen in diesem Segment. Mit dem neuen 3-Liter-TDI fährt der VW souverän an die Spitze: kultiviert. Kraftvoll, komfortabel. Dazu noch solide Verarbeitung, feine Materialien, und erstaunlich souveränes Handling - sowohl on- als auch offroad. Was will man von einem (zugegeben teuren) Luxus-SUV noch mehr erwarten? Der BMW steht dem vor allem beim Motor kaum nach, zeigt sich sogar noch fahraktiver. Der US-Bayer fällt aber etwas kleiner aus, kommt im Gelände nicht so weit und federt weniger geschmeidig. Ein klarer Fall für Freunde des Sport-SUV.