Ist das noch ein Touareg?

  • Erfolgsgeheimnis: VW fährt bei der Rallye Dakar gut mit - die Autos sind allerdings teure Spezialanfertigungen.

    Hannover - Der Taxifahrer stutzte. "Volkswagen? In der Ikarusallee? Kann nicht sein." Kann es doch. Allerdings die Motorsportabteilung. Und die versteckt sich in einem unscheinbaren Gebäude in der Nähe des Flughafens Hannover. Hinter der nüchternen Fassade entstand Volkswagens Beitrag zum Spitzensport - der Race-Touareg für die Rallye Dakar. Alles eigentlich streng geheim. Doch "Auto Bild Motorsport" durfte die Montage beobachten - und dann offenbaren, daß der Racer mit dem Serien-Touareg "nur noch die Markenembleme und den rechten Scheibenwischer" gemeinsam hat.

    Das Areal wurde schon zur Zeit des Rallye-Golf genutzt, dann erweitert. Im neuen Gebäude sind Konstruktion und Montage nur durch eine Fensterscheibe getrennt. "Das erleichtert die Kommunikation", erklärt Chefingenieur Eduard Weidl. Rund 100 Mitarbeiter kümmern sich um Entwicklung und Aufbau der Race-Touareg. Als Antrieb dient ein Turbo-Diesel. "Allerdings jetzt mit 2,5 Liter Hubraum", verrät Chefingenieur Weidl. Eine Lehre aus dem Sahara-Rennen des vergangenen Jahres: Denn mit 2,3 Liter Hubraum ist die Konkurrenz der Benzinmotoren von Mitsubishi und Nissan nur auf bestimmten Strecken zu schlagen.

    Race-Touareg-Vater Weidl und seine Mannschaft haben in Rekordzeit von nur acht Monaten einen Prototypen auf die Beine gestellt. "Das technische Reglement für Rallyes ist freizügiger als in der Formel 1", sagt Weidl. Er deutet auf das Chassis. Dafür wählte er einen Gitterrohrrahmen. 128 Meter Flugzeugstahl, aufgeteilt auf rund 1240 Einzelkomponenten, bilden das Rückgrat des Sand-Stürmers. Es wiegt nur wenig mehr als 300 Kilo. Daran aufgehängt sind Antriebsstrang, Cockpit, Kühlsystem, die abnehmbare, aus Kohlefaser-Kevlar gefertigte Karosserie (Gewicht etwa 50 Kilo) und das Fahrwerk. Besonderes Merkmal: Alle Antriebswellen und Radaufhängungen sind identisch und lassen sich über Kreuz tauschen. Der längs eingebaute Fünfzylindermotor ist hinter der Vorderachse plaziert, das sequenzielle Sechsganggetriebe beinahe in der Fahrzeugmitte. Fahrer und Beifahrer sitzen deshalb eine gute Armlänge auseinander. Und sehr tief, weil VW im Gegensatz zu Mitsubishi die Tanks nicht unter den Sitzen installiert.

    Der Diesel-Tank (rund 275 Liter) ist hinterm Cockpit untergebracht. "Wir müssen etwa 200 Liter weniger Kraftstoff mitnehmen als die Benzin-Konkurrenz", läßt sich Weidl entlocken. 200 Liter weniger Kraftstoff bedeuten einen Gewichtsvorteil zumindest in der Startphase von rund 200 Kilogramm gegenüber den Benzinern. Laut Reglement muß Sprit für 900 Kilometer an Bord sein. Vollgetankt und mit Besatzung bringt der Race-Touareg deutlich mehr als zwei Tonnen auf die Waage. Die Elektronik beschränkt sich hauptsächlich auf Navigationshilfen. Computergesteuerte Differentiale und aktive Fahrwerke sind verboten. Auch die automatischen Luftdruckkontrollsysteme sind nicht mehr erlaubt.

    Fünf Race-Touareg wurden bisher gebaut. Vier für die Dakar 2005, der Erstling aus dem Jahr 2002 dient inzwischen als Testauto. Bei der aktuellen Dakar können zwei unterschiedliche 2,5-Liter-Fünfzylinder zum Einsatz kommen. "Wir haben die Wahl zwischen Einzel- und Doppel-Turbolader", so Weidl. Von einem Leistungszuwachs von 35 PS gegenüber den offiziell 238 PS des alten 2,3-Liter-Triebwerks wird gemunkelt. Ob mit ein oder zwei Turbinen - leistungsmäßig hat VW durch die Aufstockung des Hubraums mit Nissan und Mitsubishi gleichgezogen.

    Quelle