Moin zusammen,
nach etlichen Jahren T1 Diesel (erst den V10, dann den V6) bin ich jetzt beim Hybrid angekommen. Wichtigster Grund: Ich hab definitiv keine landwirtschaftlichen Ambitionen und die Fahr- und Geräuschkultur eines großen Benziners sind halt nach wie vor unerreicht. Da ich im Vorfeld versucht habe, mich über den offenbar super-seltenen Hybrid zu informieren und dabei aber praktisch nur Presseberichte und Fahrtests gefunden habe wollte ich nun mal meine Eindrücke und realistische Zahlen für eventuelle Interessenten posten.
1. Der Fahr- und Geräuschkomfort: Abzug und Beschleunigung, gerade im Bereich ab 120 Km/ h liegen vermutlich etwas über den Leistungen des V6TDI und deutlich unter denen des V10TDI. Dabei ist aber der Motorlärm immer enorm geringer als in den Dieseln. Fahren auf Landstraßen und in Ortschaften ist spektakulär - seit meinen alten S-Klassen habe kein so souveränes und leises Fahrzeug mehr gefahren
2. Verbrauch: Ich war jetzt noch nicht so weit gefahren - aber es kristallisiert sich heraus: Verbrauch wie der V6TDI + ca. 1l/100 km und E10 statt Diesel. Ja, das ist etwas teurer - aber der Mehrwert ist spektakulär, s. Punkt 1. Bei längeren Autobahnfahrten mit aktivem ACC und Tempo 120 - 140 laufen gut 10l/100 km durch, auf Landstraßen bis ca. Tempo 100 kommt man deutlich unter 10l hin. (Alle Werte durch Tanken & Rechnen bestimmt). Bemerkenswert ist die Charakteristik im Großstadtverkehr: Man muss ein Gefühl dafür entwickeln, wie das Konzept des Hybrid am besten funktioniert - dann rollt der Wagen mehr als der Motor läuft. Verbrauch zwischen 8 und 10 l/100km - aber da muss man schon ein wenig mitdenken und den Verkehrsfluss im Auge behalten - eben um möglichst oft zu rollen. Interessanterweise klappt das am besten mit einem schwungvollen Beschleunigen aus dem Stand (mit Motorantrieb) und nach Erreichen von gut 50 Km/h runter vom Gas und rollen lassen bzw. Tempo mit E-Motor halten. Das bringt durchaus recht dynamischen Fahrspass und hat mit Spar-Kriechen nix zu tun und geht über etliche Kilometer bis der Akku leer ist. Meist muss man aber in der Stadt eh wieder vorher bremsen und dann aus dem Stand raus wieder mit dem Verbrenner beschleunigen. Die "Belohnung" für diese mitdenkende Fahrweise ist übrigens noch vor dem günstigen Verbrauch eher die längeren Fahrten, die bis auf die Rollgeräusche dank des abgeschalteten Motors lautlos gefahren werden können…
3. Die sagenhafte Ruhe im Stadtverkehr: Sobald die Innenraumlüftung auf Stufe3 läuft ist vom Motor praktisch nichts mehr zu hören, wenn er überhaupt läuft. Das Aus- und Einkuppeln sowie das Anwerfen des Verbrenners geschieht tatsächlich unspürbar und ohne Rucken, da wird eher noch die 8-Stufen-Automatik "verhaltensauffällig" wenn sie mit dem Sortieren der Gänge im Großstadtverkehr nicht nachkommt und dann und wann zu hastig hochschaltet. Jetzt mit Winterreifen sind die Rollgeräusche praktisch immer die größte Geräuschquelle. Subjektiv stelle ich fest, das Stop&Go-Verkehr mich deutlich weniger stresst, wenn dabei kein Verbrennungsmotor kontinuierlich Sprit rausbläst - und das funktioniert im Hybrid absolut perfekt rein elektrisch ohne jegliche Komfortverluste.
4. Der sogenannte "E-Mode". Nein, man kann nicht realistisch vollelektrisch anfahren - dazu reicht die Kraft des E-Antriebs im normalen Verkehrsfluss nicht aus. Aber der Modus leistet tatsächlich nach dem Beschleunigen mit dem Verbrenner auf innerstädtisches Tempo (50-60Km/h) das die Geschwindigkeit rein elektrisch auf lange Strecken (etliche Kilometer!) gehalten werden kann und der Verbrenner sofort nach dem Ende der Beschleunigung und dem Übergang in Beharrungsfahrt sich ausschaltet. Ja, man kann wenn man es darauf anlegt auch relativ steile Auffahrten und kurze Hügel elektrisch "erklimmen" wenn man sehr langsam fährt und die gut 30KW für die am Fahrpedal abgeforderte Leistung ausreichen. Auch da reicht der Akku wieder weiter als befürchtet…
Last but not least: Vergleich zum Lexus RX450 (hab ich in der Phase der Entscheidungsfindung ausführlich getestet): Von der Fertigungsqualität und der Haptik und dem (Geschmackssache) Design brauchen wir hier garnicht zu reden - da hat der Lexus noch einen weiten Weg vor sich. Aber im Gegensatz zu den in den meisten Tests behaupteten Schwäche des Touaregs bezüglich des Hybridkonzepts kann keine Rede sein. Allein die Tatsache, das eben beim VW kein CVT-Getriebe verwendet wird macht schon viel aus: Der Lexus "brüllt" beim Beschleunigen (z.B. beim Auffahren auf die Autobahn) wie ein Sportwagen mit Höchstdrehzahl bis die gewünschte Endgeschwindigkeit erreicht wird - das würde mich nerven. Und der E-Mode beim Lexus schaltet sich automatisch bei Tempo 45 aus - das funktioniert beim VW locker bis Tempo 60 - wichtig denn im Stadtverkehr fährt man nun mal die meiste Zeit zwischen 50 und 60 Km/h… auch glaube ich nicht das der Lexus weiter rein elektrisch fahren kann als der VW, ich hab das probiert. Dicker Punkt für den Lexus hingegen: Auf meiner Referenzstrecke (Ammersee -> München Stadtmitte) brauchte er mehrfach definitiv 1-1,5l weniger / 100km als der VW. Spricht dafür, das das Hybridkonzept des Lexus konsequenter auf Einsparen und weniger auf Dynamik hin optimiert wurde.
So - ich hoffe nun, das ich auch mal für dieses Forum endlich was "Nützliches" beisteuern konnte… Fragen: gerne!
Gruß
fenderwurst
TouaregHybrid.JPG
Referenzstrecke Ammersee -> München Stadtmitte